Jacqueline, 29, will katholische Priesterin werden

Jacqueline, 28, möchte katholische Priesterin werden

Jetzt gibt es noch ein sehr schwieriges, aber unheimlich wichtiges Thema. In den letzten Jahren, auch in diesem Jahr, kamen und kommen immer wieder Meldungen von sehr vielen schweren Missbrauchsfällen innerhalb der katholischen Kirche. Das ist auch einer der genannten Hauptgründe, warum sich in den letzten Jahren sehr viele Menschen von der katholischen Kirche abgewandt haben. Wie sehen Sie diesen Skandal?

Ich verstehe jeden einzelnen Menschen, der wegen der Missbrauchsfälle aus der Kirche austritt. Das, was da jahrzehntelang gelaufen ist, ist unglaublich schrecklich. Ich bekomme Wutausbrüche, wenn ich etwas darüber lese. Es kann doch nicht sein, dass so etwas jahrzehntelang systematisch vertuscht wurde und bei der diesjährigen Pressekonferenz der Bischöfe meinten die dann geschlossen, dass sie davon nichts gewusst hätten. Das kann doch nicht sein! Alle Priester, Bischöfe und alle, die irgendwie Dreck am Stecken haben, müssen weg. Nur dann kommt die Glaubwürdigkeit zurück. Aber ich glaube, genau deshalb bleibe ich drin. Wir müssen diesen Laden aufräumen und wir das können wir nur, wenn wir drin bleiben und immer wieder laut und nervig sind!

Ich habe gelesen, dass sie vor zwei Jahren die Möglichkeit hatten, sich mit einem Vatikanexperten zu unterhalten. Was war seine Hauptaussage zu Ihrem Wunsch?

Jesus war ein Mann und Jesus hat zwölf männliche Apostel in seine Nachfolge gerufen. Das ist theologisch nicht ganz korrekt, denn Jesus hat zwölf jüdische Männer als Symbol für das Volk Israel berufen. Jesus war ja Jude und wusste, dass er zu den Juden in einer verständlichen Bildsprache sprechen musste. Darum hat er das Symbol der zwölf Stämme Israels genommen und dazu braucht man zwölf jüdische Männer. Aber heute sind die Priester ja weder jüdisch noch gibt es von ihnen nur zwölf. Sein zweites Argument war, dass Jesus ein Mann war. Dann habe ich ihm erklärt, dass Jesus Mensch wurde. Das ist auch das, was wir an Weihnachten feiern. Wir feiern die Menschwerdung Gottes, nicht seine Mannwerdung.

Wenn Sie jetzt sofort die Möglichkeit hätten mit dem Papst zu sprechen. Was würden Sie ihm gerne sagen?

Ich würde ihm sagen, dass die Frauenfrage nicht weiter nach hinten verschoben werden darf, denn sie wird seit 1800 Jahren nach hinten verschoben. Sie muss jetzt behandelt werden, denn dadurch würden sich auch viele andere Dinge verändern. Wenn das Bild der Frauen in katholischen Regionen, beispielsweise in Afrika, aufgewertet wird, dann verändert sich natürlich auch ihr Stand in der Gesellschaft. Eine Frau wird dann nicht mehr nur als Gebärmaschine gesehen, sondern als gleichwertige Person anerkannt, die auch in der Wirtschaft oder Politik etwas bewegen kann.

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Meli Wetzel