Lernschwäche: Der richtige Umgang mit Dyskalkulie und LRS

Rund ein Viertel aller Schulkinder ist von einer Lernschwäche betroffen. Obwohl sie auf besondere Unterstützung angewiesen sind, werden sie vom System oft übersehen. Der richtige Umgang mit einer Lernschwäche wie Dyskalkulie oder LRS kann allerdings viel verändern.

Wird bei einem Kind eine Lernschwäche festgestellt, sieht man darin oft als erstes ein Hindernis. Das Problem ist, dass wir in einem System leben, das in vielen Bereichen nur für eine bestimmte Gruppe ausgelegt ist. Gehört man zu einer Minderheit, plagt einen oft die Frage, warum es nie zu reichen scheint, wenn man sein Bestes gibt. Dazu zählen auch Menschen mit einer Lernschwäche. Vor allem bestimmte Vorurteile von Mitmenschen setzen der Psyche der Betroffenen zusätzlich zu. Mit einer Lernschwäche wird oft auch ein geringer IQ in Verbindung gebracht, obwohl das so nicht stimmt.

Laut einer Studie des Forschungsprojektes Rabe sind 23,3 Prozent der Kinder in Deutschland von einer Lernschwäche im Bereich Lesen, Rechtschreibung oder Rechnen betroffen. Obwohl an den meisten Schulen ein ausreichendes Förderangebot außerhalb des regulären Unterrichts vorhanden ist, fehlt es oft während der Schulstunden an Hilfe. Die Bemühungen der Kinder, trotzdem mitzuhalten, reichen alleine nicht aus. Es ist wichtig, dass diese Kinder gesehen und angemessen unterstützt werden. Denn eine Lernschwäche bedeutet nicht, dass einem keine erfolgreiche Karriere bevorstehen kann.

Wie werden Lehrer*innen auf solche Fälle vorbereitet?

„In den Bildungswissenschaften hatten wir Sonderpädagogik-Vorlesungen, in denen über Lernschwächen und Behinderungen aufgeklärt wurde“, sagt Marie, eine Lehramtsstudentin aus Rostock. Auf die Frage, worauf da der Fokus lag, antwortet sie: „Dyskalkulie wurde zwar einmal erwähnt, aber wir beschäftigten uns hauptsächlich mit dem Förderschwerpunkt Sprache.“ Ähnlich sieht es an Schulen derzeit auch aus: Die Anerkennung einer Rechenschwäche sei laut Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, im Vergleich zur Lese-Rechtschreib-Schwäche schwieriger. Bei einer Rechenschwäche genießen die Kinder keinen sogenannten Notenschutz. „Leider lernten wir in unserem Inklusionsseminar alles nur in der Theorie. Es blieb bei allgemeinen Definitionen und Vorschlägen zum Verhalten, aber es fehlte die Praxisübung“, fügt die angehende Lehrerin Marie abschließend hinzu.

Die Leistungsgesellschaft in Deutschland zeichnet sich auch im Schulsystem ab, denn um Sonderwünsche genehmigt zu bekommen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Wünscht man sich Expert*innen an die Seite eines Kindes mit Lernschwäche, muss diese zuerst diagnostiziert werden. Zum einen ist eine richtige Diagnose natürlich wichtig – vor allem um zu wissen, welche Schritte man zur Förderung einleiten muss. Doch drückt man Kindern den Stempel „lernschwach“ auf, bringt das oft seelischen Druck mit sich. Neben voreingenommenen Mitschüler*innen trifft man vereinzelt auch auf Eltern, denen das „Anderssein“ ihrer Sprösslinge peinlich ist. Kinder solcher Eltern finden demnach weder in der Schule noch zu Hause einen Ort, an dem an sie geglaubt wird. In vielen Fällen ist das Resultat eine negative Entwicklung des Selbstbewusstseins und der Motivation.