Junge Frau mit Smartphone

Beziehung über Tinder? Was Dating-Apps in uns auslösen

„Matchen. Chatten. Treffen.“ bei Tinder, „People like you“ bei Lovoo oder „Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über Parship“: All diese Dating-Apps haben es mit ihren Slogans in die Primetime-Werbung geschafft: Onlinedating ist allgegenwärtig geworden. Aber wie realistisch ist es, über Dating-Apps wie Tinder eine Beziehung aufzubauen?

Dass Onlinedating tatsächlich funktionieren kann, zeigt eine amerikanische Erhebung, welche den Ursprung jeder dritten Ehe auf digitale Begegnungen zurückführt. Die Soziologieprofessorin Eva Illouz vergleicht Onlinedating gegenüber dem SZ-Magazin mit der Arbeit am Fließband. Aber was lösen die vielen Profile mit schönen Bildern und interessanten Texten in uns aus?

It’s a match! Und dann?

Innerhalb von Sekunden entscheiden wir getreu dem Motto „Hot or Not“, ob wir Menschen eine Chance geben, in unser Leben zu treten. Illouz vergleicht dieses Vorgehen mit dem oberflächlichen Phänomen der Liebe auf den ersten Blick. Jedoch fehlen dabei die unbewussten Faktoren des zwischenmenschlichen Kennenlernens. So bleiben Stimme, Bewegungen und Ausstrahlung vorerst außen vor.

Ebenso sind wir davon abhängig, dass die andere Person anhand ihrer Fotos und Beschreibung ein realitätsnahes Bild von sich kreiert. Dass dies jedoch häufig nicht der Fall ist, zeigt eine Studie, in der jeder Dritte angibt, in seinem Dating-Profil zu lügen. Ebenso ermöglicht Onlinedating eine bewusste und kontrollierte Darstellung der äußeren Merkmale. Dadurch, dass man sich beispielsweise ausschließlich aus bestimmten Winkeln fotografiert oder Filter nutzt, kann man sich selbst „schöner“ inszenieren. Das daraus resultierende Match löst auf narzisstische Weise ein Glücksgefühl aus.

Die geschönte Darstellung der eigenen Person kann eine Erklärung dafür sein, warum aus den meisten Matches kein Treffen resultiert. Innerhalb einer Umfrage gaben die Nutzer*innen als Grund hierfür am häufigsten die Angst vor Ablehnung an. Um diese Ablehnung online einzudämmen, greifen die User*innen demnach auf Lügen zurück, welche sie im Folgenden von einem Treffen abhalten. Dies erweckt den Eindruck eines immer wiederkehrenden Kreislaufes, welcher der gesuchten Liebe im Weg steht.

Eine unendliche Auswahl, die immer die Chance auf etwas Besseres bereithält: Das ist es also, was jungen Menschen beim Onlinedating suggeriert wird. Das könnte eine mögliche Erklärung dafür sein, warum die junge Generation im Vergleich öfter single ist als Menschen über 30. Selbst Personen, die bereits in einer Beziehung sind, werden von Dating-Apps beeinflusst: In dieser schnelllebigen Zeit erwartet man mehr Bestätigung und wird zusätzlich schneller eifersüchtig, da potenzielle Konkurrenz in einem derartigen Ausmaß vorhanden ist, dass sie schlichtweg überhaupt nicht mehr greifbar ist (Quelle).

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Bildquelle: Andrea Piacquadio via Pexels; CCO-Lizenz