Liebeserklärung an: das Chaos in deiner Wohnung

Es sind die kleinen Dinge, die unseren tristen Alltag versüßen und das Leben ein bisschen besser machen. Ob es hübsche Gänseblümchen sind, die am Straßenrand wachsen oder eine Kugel deiner liebsten Eissorte – wir alle haben kleine Muntermacher in unserem Alltag, über die wir nur selten ein Wort verlieren. Das soll sich jetzt ändern! Wir bieten euch eine Liebeserklärung an die kleinen Dinge, die uns in stressigen Situationen retten, an schleppenden Tagen motivieren oder uns die guten Tage versüßen!

Nicht erst seit Marie Kondo hat Ordnung eine ganz neue Position im Leben bekommen. Ordnung ist das halbe Leben, alles soll man ordentlich machen. Ordnung gehört schon immer zu den Grundtugenden, die auf ein erfülltes Leben hinweisen. Unordentliches Wohnen, unordentliches Leben – so die Milchmädchenrechnung. Dabei gibt es nichts Schöneres als Chaos. Zeit, den Anarchismus des Lebens zu verteidigen.

Ordnung ist der Verlust von Kreativität

Ordnung wird sowieso zu Unrecht in den Himmel gelobt. Ordnung ist Planung, führt zu Starrheit, zum Verlust der Kreativität. In Zeiten von künstlicher Intelligenz und Programmen zur Organisation, ist Ordnung aus Menschenhand sowieso nie so akkurat, wie sie zu sein strebt. Menschen machen sich also etwas vor, wenn sie davon ausgehen, etwas wirklich ordentlich zu machen. Dazu sind sie noch furchtbar unsympathisch. Menschen, die pedantisch ordentlich sind, sind auch solche, die den Tisch abwischen, nachdem man darauf Kaffee getrunken hat. Aus Tassen, sei bemerkt. Solche, die den Boden zweimal wöchentlich wischen, zwingen einen auch, die Schuhe auszuziehen, bevor man in ihr Auto einsteigt. Ordentliche Menschen sind nicht ganz normal, ihr Gehirn ist genauso geordnet wie ihre Wohnung, aus diesem Grund können sie auch erst einschlafen, wenn sie deine Unterhose neben dem Bett aufgehoben und feinst säuberlich, nach eigens konzipierter Technik, eingedreht und gefaltet haben. Ach, seufzen Sie dann, wieder zurück im Bett, endlich alles an Ort und Stelle. Andere Menschen sind im Leben von Ordnungsfreaks nicht mehr als verschmutzende Störfaktoren, unerwünschte Ablenkung von ihrem wertvoll kuratierten Leben. Alles Bullshit! Chaos ist wunderbar. Chaos, Chaos, Randale, na los!

Ordnung erzeugt auch nur den Schein eines erfüllten Lebens

Ordnung erzeugt den Eindruck, das Leben lasse sich genauso leicht wieder in Form bringen wie die Besteckschublade. Aber so ist es nun mal nicht, das Leben ist in den allermeisten Fällen furchtbar unübersichtlich und aus genau diesem Grund wunderschön. Der Mensch denkt gerne, er könne es ordnen, muss aber realisieren, dass er es nicht kann. Resignierend besinnt er sich doch lieber darauf, das heimische Parkett zu wienern. Chaoten passiert so etwas nicht. Sie wissen, dass sie nicht ordentlich sind und haben daher auch gar nicht diesen Anspruch an ihr Leben. Die Enttäuschung ist also viel kleiner. Eine chaotische Wohnung sagt soviel mehr über den Bewohner aus, eine chaotische Wohnung ist ehrlich, sie steht da in all ihrer Unvollkommenheit und kann gar nicht anders. Wenn ihr nachts mit jemandem nach Hause geht, dessen Wohnung ordentlich ist, bleibt euch nur eins – rennt. Nehmt sofort die Beine in die Hand, bevor die Ordentlichen euch mit dem Staubwedel auf ihre Seite locken! Menschen, deren Wohnung zu allen Zeiten sauber ist, sind überproportional oft Psychopathen. Stimmt nicht, widersprechen diejenigen, die dann um 7 Uhr morgens ihr Klo mit einer Zahnbürste schrubben. In einer perfekten Wohnung wohnt auch ein perfekter Mensch, und jeder weiß, dass es unter einer glatten Oberfläche am ärgsten brodelt. Diese Wohnungen bieten keinerlei Einblick in das Leben, das in ihnen stattfindet, fast so, als wären sie von Toten bewohnt. Trinken Menschen hier Kaffee? Tee? Menschenblut? Alles möglich.

Chaos bedeutet Leben

Schmutzige Socken auf dem Boden, Zeitungen auf dem Tisch, Flecken auf dem Teppich zeigen, dass hier jemand lebt. Dass hier mal Rotwein verschüttet wurde. Dass hier mal eine Tasse runtergefallen ist und eine Kerbe im Fußboden hinterlassen hat. Dass der Mitbewohner ein Mensch ist, der auch mal fertig ist und seine Schmutzwäsche neben dem Wäschekorb liegen lässt. Also keine Sorge – solange man noch an manchen Stellen den Boden sieht, gibt es keinen Grund, etwas an dem Chaos zu verändern. Weil Chaos Leben bedeutet

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Bildquelle: Unsplash unter CC0 Lizenz