Lindsay Lohan Instagram Fail

Lindsay Lohans Insta-Fail: Wir sind die Generation Selbstinszenierung

Von Rebecca Naunheimer und Jana Kreutzer

Das Internet ist ein hartes Pflaster. Wer überleben will, muss sich im rechten Licht darstellen. Wer genau das macht und dabei vielleicht sogar noch ein bisschen nachhilft, wird belächelt und gehasst. Auch oder sogar überwiegend: Promis. Lindsay Lohan ist diesbezüglich ein besonders tragischer Fall. Gerade wieder ist ein Photoshopfail aufgeflogen. Schräge Flaschen und anatomisch fragwürdige Proportionen mögen sie verraten haben. Die Folge: Statt schmeichelhaften Kommentaren gibt es einen Shitstorm erster Klasse. Das doch stark alternde, aber eigentlich noch gar nicht so alte Sternchen (28) hatte versucht, mit dem Hashtag #mycalvins und einem Unterwäsche-Selfie auf Instagram Aufmerksamkeit für ihre Calvin Klein-Buxe und natürlich auch ein bisschen sich selbst zu erhaschen. Aufmerksamkeit hat sie bekommen, ja, Bestätigung eher weniger. Calvin Klein dürfte der Werbecoup freuen, Lindsay eher weniger.

Denn die gute Lindsay Lohan reiht sich damit in eine lange Reihe von prominenten und auch nicht-prominenten Selbstdarstellern ein, die zu Photoshop in sozialen Netzwerken greift, um ihren ach so beiläufigen Schnappschuss etwas aufzuhübschen (#iwokeuplikethis). Wir erinnern uns an Justin Biebers Beulen-Affäre und Kim Kardashians Beulen-Po.

 

 

Nicht nur Lindsay Lohan: Wir sind die Generation Selbstinszenierung

 

In solchen Fällen werden Prominente zu tragischen Witzfiguren. Die User dagegen zu selbstgerechten Richtern, die mit der weißen Weste prahlen – etwas von Ehrlichkeit und Authentizität faseln. Dabei ist die inszenierte Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken keineswegs nur Promis vorbehalten, sondern längst zum Alltag geworden. Wir tun es nur subtiler. Und mit weniger Zuschauern.

Mal ehrlich: Wer würde freiwillig ein Bild vom verpatzten Chili-con-Carne posten, das aussieht wie schon gegessen statt gerade gekocht? Oder das unvorteilhafte Strandbild vom letzten Urlaub, in dem sich dieses verdammte Bauchröllchen ungeniert über den Designer-Bikini legt? Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken ist normal geworden: Jeder von uns profiliert sich im Netz. Klickt eher bei der Party im Szeneclub, als in der Dorfdisco auf ‚Teilnehmen‘. Postet Bilder vom Joggen statt von der Rückengymnastik. Vom selbstgekochten Pesto statt von der selbstgeschmierten Leberwurst-Stulle. Würde Samstagabend vielleicht einfach mal gerne zuhause bleiben, hat aber bei Facebook schon bei mindestens drei DJ-Acts oder geheimen Hinterhof-Raves zugesagt. Wir sind die Generation Selbstinszenierung!

Und das alles nur, weil wir uns gerne auf eine bestimmte Art und Weise darstellen möchten. Cool. Sexy. Weltoffen. Das ist tragisch, aber im Grunde nichts Neues. „Nicht Marc Zuckerberg hat die Sehnsucht der Menschen nach Aufmerksamkeit erfunden. Er und sein Unternehmen bedienen sie eben nur allumfassend – in kleinen, schnell klickbaren Dosen“, trifft es Dirk von Gehlen ziemlich genau.

 

Selbstdarstellung als Bürgerpflicht?

 

Denn offline tun wir es schon immer. Jeden Tag. Bereits in den 80er Jahren hat Soziologe Pierre Bourdieu bewiesen: Die Identität eines Menschen definiert sich nicht nur über seinen Namen oder sein Aussehen. Sie definiert sich auch über seinen Geschmack und seinen Lebensstil. Damit versuchen wir, einen bestimmten sozialen Status zu kommunizieren. Wer gerne Hipster wäre, zieht sich also an wie ein Hipster, geht auf Hipster-Partys, liest Reclam im Café. Und seinen Lebensstil dementsprechend darzustellen, ist durch das Internet ungemein leicht geworden. Den Fancy-Facebookfreund gestalkt – seine Musik, seine Veranstaltungen, seine Fotos – und schon kennt man sich aus in der Szene.

Dabei bleibt der bittere Geschmack von sozialem Druck in einer Welt, in der keine Jobbewerbung mehr ohne Social-Media-Check abläuft. In der wir nach Selbstoptimierung streben und uns kaum noch trauen, unser unperfektes Selbst zu sein. „Das ist tragisch!“, schreien wir also. Verlangen nach ungeschminkten Fotos, ehrlichen Posts und echten Menschen. Doch ist es wirklich nur tragisch? Vielleicht ist die „Selbstdarstellung…nicht Ergebnis von Exhibitionismus, sondern Ausdruck wirtschaftlicher Vernunft und somit – in Zeiten wie diesen – fast schon erste Bürgerpflicht“, fragt sich von Gehlen möglichwerweise zu Recht. Ganz nach dem Motto der „Ich-AG“ und jeder ist sich selbst am nächsten. Und das weiß auch Lindsay Lohan.

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Instagram