Model-Diener von ManServants: Service oder nur weiblicher Sexismus?

Von Lamis Abu-Khiarah und Markus Ehrlich

Er bestellt ihr Drinks, fotografiert sie so oft, bis das perfekte Instagram-Bild dabei ist, das er auch gleich liked, steht für sie in der Kloschlange an, ist ihr Beschützer, lautloser Diener oder Gentleman. Dabei ist er auch noch sehr gut aussehend, Ryan Gosling-gutaussehend, um genau zu sein. Dirty Dancing spielt der mindestens 1,80 Meter große Schönling mit ihr genauso gerne nach wie er sich Spaghetti à la Susi und Strolch mit ihr teilt, nachdem er ihr die Haare geflochten, etwas vorgelesen und ihr die Nägel lackiert hat. Sex ist allerdings ausgeschlossen.

Das stinkt doch bis zum Himmel nach Friendzone! Nur ist in diesem Fall der vermeintlich arme Tropf nicht der beste Freund, den Frau am Haken hat, sondern ein bezahlter Angestellter. Ein Mann, nur besser: der ManServant.

 

The rules of being a ManServant: the lady always makes the rules

 

Auf manservants.co kann Frau diesen Diener ab 125 Dollar stündlich für einen Mädelsabend, einen Junggesellinnenabschied, als Poolboy oder Begleitung für ein Sportevent buchen. Für 40 Dollar extra bringt er sogar Blumen mit und Sparfüchse bekommen 5 Dollar Nachlass auf den ManServant, wenn sie danach ein Feedback geben.

Die Klientin (natürlich steht es auch Männern frei, diesen Dienst in Anspruch zu nehmen) sucht ihren Servant aus mehreren möglichen Kandidaten aus, nachdem sie ihn vorab online beschrieben hat. Sie darf seine Aufgaben, die Kleidung, das Aussehen, seinen Rufnamen und den bevorzugten Typen – ob James Bond oder Johnny Depp – vorher festlegen.

Jeder ManServant hat sich an den Regelkatalog, den Code of conduct der Firma zu halten: Er antwortet auf die Wünsche der Kundin mit „As you wish, Mylady“, fungiert als lebendiger Stuhl für sie und als Schutzschild gegen aufdringliche „Douchebags“ sowie schnell herannahende Fahrzeuge, behält seine Hände bei sich und sein bestes Stück fern des Gesichts der Lady. Weniger verstörende Regeln erinnern an einen durchschnittlichen Gentleman: Türe aufhalten, sich erheben, sobald die Lady den Raum betritt, sie mit Respekt und Bewunderung behandeln und ihre Tasche halten, für ihre sichere Heimreise sorgen, notfalls auch Huckepack.

Übersetzt bedeutet ManServant soviel wie Diener oder Hausknecht. Die Gründerinnen Wai Lin und Dalal Khajah fordern besonders Barkeeper, Fotografen, Schauspieler, Models, Musiker und natürlich heiße Poolboys auf, für 80 Dollar pro Stunde den Regeln der Lady zu folgen. Sollte man schon als „douchebag, sexual offender, sexist, creeper, nutjob, weirdo, or convicted felon“ beschimpft worden sein, solle man sich die Bewerbung sparen. Kein Dick-Pic wird einem da helfen, sondern ein tolles Lächeln und eine überzeugende Persönlichkeit. Hinfällige Forderung, wie später noch ersichtlich werden wird.

 

Friendzone gegen Bezahlung

 

Eine „Time“-Korrespondentin testete einen ManServant: „Spartacus“ verteilte Hand- und Rückenmassagen, hoppelte wie ein Hase, trug ihre Taschen und bestellte ihre Getränke. Jedoch hatten sie und ihre Freundinnen zu keinem Zeitpunkt den Wunsch, ihn zu demütigen oder als Objekt zu behandeln. Na klar, ihn wie einen Hasen springen zu lassen, eine typisch spartanische Bewegung übrigens, ist nicht demütigend, es entspricht ja eher einer Animalisierung als einer Objektifizierung. Der Wunsch, mehr von ihm zu erfahren, wer er wirklich war und ob er mit Geschwistern aufgewachsen wäre, war den Frauen wichtiger, als einen Lapdance von ihm zu fordern. Die wahre Identität des ManServants bleibt zu seinem Schutz allerdings verborgen, länger als sechs Stunden kann man ihn nicht buchen, zu viele Frauen wären schon nach kurzer Zeit zu anhänglich und würden weiter mit ihm in Kontakt bleiben wollen.

In dem Promovideo erklärt eine Frauenstimme mit britischem Akzent: „In the beginning, there were strippers. Men’s idea of a pleasurable pastime… but ladies, who’s idea of sexy is this?” Nicht unsere; sobald man einem Stripper mal zugesehen hat, ist die Idee zum Startup aus ästhetischen Aspekten nachvollziehbar. Tatsächlich wollte eine Kollegin der Gründerinnen eine stripperfreie Bachelorette-Party. Kein Kerl sollte sich mit seinem schmierigen Körper geschweige denn Penis an ihr reiben.

Welcher Logik folgt der Trend des Strippers? Wird Frauen damit dieser Brocken Gleichstellung hingeschleudert, nach dem Motto: „Bitteschön, du darfst dich jetzt an einem Männerkörper ergötzen und damit bist du jetzt gleichberechtigt?“ Und dankbar kreischend und auf die Unterlippe beißend, fressen Frauen das Argument. Dabei behaupten Lin und Khajah, dass Frauen Stripper nicht sonderlich erregend finden und sie eigentlich nicht anhimmeln, sondern selbst bewundert werden wollen. Sobald das Champagnerglas der sonnenbadenden Königin geleert ist, bedarf es kaum eines Blickes, bis es wieder gefüllt wird. Bei einer Fotosession wird der Bedienstete der Lady das Gefühl geben, ein Star zu sein. Ein hübscher Mann im Anzug soll sie mit Komplimenten überschütten und jeden ihrer Wünsche erfüllen. Und das Beste: Sie muss seinen eventuellen Avancen am Ende des Abends nicht ausweichen und um falsche Signale nicht bangen müssen. Aber wenn ihr danach ist, macht er auch gerne oben ohne Push-ups für sie.

Die sexlose, jugendfreie Dienstleistung vermittelt: Wir gehen davon aus, Frau brächte es in Wallung, wenn ein attraktiver Poolboy ihr Wasser reichte, an ihrer Badewanne auf der Gitarre spielte oder ihren Freund gäbe, der ihr in der Öffentlichkeit einen Heiratsantrag macht. Ist das jetzt so viel besser als die bisherigen Angebote für Frauen in der Erotik- und Escortbranche?

 

Befriedigt ManServants nicht nur ihre emotionale Erektion?

 

ManServants solle Männer nicht degradieren, heißt es. Es ginge lediglich um die weibliche Fantasie, endlich royal behandelt zu werden, so die Unternehmerinnen. Bewunderung für die Frau, nicht Dominanz über den Mann. Dieses Königin/Lady-Konzept suggeriert ja dann trotz allem eine Überlegenheit der Frau gegenüber dem Mann, auch wenn sie ihn eigentlich zur Erfüllung ihrer Wünsche braucht.

Auf die Frage, ob ihr Angebot nicht sexistisch sei, antwortet die Co-Founderin Wai Lin: „Ugh, there are all sorts of services that objectify women like strippers and that topless maid service.“ In dieser Branche orientiere sich alles an Männern, keiner beachte die weiblichen Bedürfnisse. Es sei an der Zeit, Frauen ebenso eine Dienstleistung anzubieten.

Natürlich lässt die Kritik – „wären die Rollen vertauscht, wäre jede Frau über einen solchen Service empört“ – nicht lange auf sich warten. Nicht zu unrecht. Diese Dienstleistung wird es allerdings wahrscheinlich irgendwo schon mit weiblichen Servants geben, nichtsdestotrotz ist es verwirrend. Der Servant ist kein Objekt, man kann ihn aber nach den persönlichen optischen Vorlieben bestellen. Es geht nicht um Sex, aber Worte wie sexy und Fantasie werden immer wieder erwähnt. Die emotionale Verbindung steht im Vordergrund, alle Servants spielen jedoch Charaktere (die eingangs beschriebene, überzeugende Persönlichkeit ist also überflüssig) und sollen sich nicht auf die Klientinnen einlassen.

Soll also Feuer mit Feuer bekämpft werden? Sind Lin und Khajah mit dem Wunsch, die weibliche emotionale Erektion zu befriedigen, sodass der Stripper als logische Konsequenz der „female equation“ abdanken kann, nicht selbst in die Sexismus-Falle getappt? Die Reaktionen auf den Service fallen bei Frauen und Männern meist identisch aus: „Wie erniedrigend! Welcher Mann macht sowas?“ Der weltbeste Freund? Ein devoter Mann, der sich gerne einer Frau unterwerfen und ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen möchte? Oder ist es naiv bis absurd, von einer anderen Motivation als der des Geldes auszugehen?

Der Markt für männliche Servants scheint jedenfalls da zu sein: Die Schöpferinnen haben bereits mehr als 50 Events mit ihren Schönlingen versorgt und wollen eine ManServant-App ähnlich Tinder entwickeln. Bisher bieten sie den Service nur in Kalifornien an. Vorerst muss bei uns also also doch noch der beste Freund herhalten.

 

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Bildquelle: Sara Cimino unter CC BY 2.0