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Warum Snapchat mit einem Shitstorm-Desaster zu kämpfen hat

Blumenkranz auf dem Kopf, Hundegesichter, die die Zunge herausstrecken und Menschen, die Regenbögen kotzen. Sieht man Menschen, die grenzdebil eine halbe Stunde vor ihrem Handy sitzen und ihr Gesicht verziehen, dann muss man sich keine Sorgen machen, dass sie gleich vom Stuhl kippen – die sind nur auf Snapchat. Selbst wenn man sich diese App versteht und sie deshalb nicht heruntergeladen hat, auch andere Apps wie Instagram und Facebook haben inzwischen ähnliche Funktionen, beispielsweise, dass man Stories hochladen kann. Tatsächlich ist es sogar so, dass inzwischen 200 Millionen Menschen täglich die Instagram-Storys nutzen – aber nur 158 Millionen die Snapchat-Stories.

 

„Snapchat ist etwas für reiche Leute“

 

Man sollte also meinen, Snapchat wäre um jeden Nutzer mehr froh. Jetzt werden aber Vorwürfe laut, dass zumindest der Gründer und CEO von Snapchat, Evan Spiegel, nicht möchte, dass arme Menschen seine App benutzen. Genauer soll er gesagt haben: „Die App ist nur etwas für reiche Leute. Ich will nicht in arme Länder wie Indien oder Spanien expandieren.“ Diese Aussage soll er bereits 2015 während einem internen Meeting getätigt haben. Dass die Sache erst jetzt öffentlich wird, liegt an einem Gerichtsstreit zwischen Snapchat und dem ehemaligen Mitarbeiter Anthony Sompliano. Der verklagt das Unternehmen, weil es Werbeschaltenden angeblich falsche Zahlen gegeben hätte. Snapchat selbst dementiert, dass Spiegel jemals so etwas gesagt hätte. Sie verweisen darauf, dass Sompliano bereits nach drei Wochen gekündigt wurde, weil er schlechte Arbeit leiste; und diese Anschuldigung sowie der ganze Gerichtsstreit nur aus dem Grund erfunden wurden, um Sompliano gute Publicity zu verschaffen und um dem Unternehmen zu schaden.

 

Warum Spiegel sogar ein bisschen Recht hat

 

Das ist tatsächlich schon der Fall, auch wenn die Fakten nicht geklärt sind und sich wahrscheinlich auch schwer klären lassen. Allerdings greift der „Indian Express“ die Aussage auf und erklärt, warum der Satz sogar wahr sein könnte. Zum einen liegt das daran, dass Snapchat auf Android-Handys weniger gut funktioniert, Android aber gerade in Gebieten mit Nutzern, die eher billige Smartphones haben oder eben in ärmeren Gebieten leben, weit verbreitet ist. Außerdem ist für die Nutzung von Snapchat eine gute Internetverbinung nötig – gerade in Entwicklungländern ist die Verbindung aber oft schlecht und reicht so gar nicht für die Nutzung von Snapchat. „Forbes“ fügt dazu noch einen weiteren Punkt hinzu: Die App ist kostenlos, muss sich aber natürlich finanzieren. Das passiert durch Werbeeinnahmen; und Firmen schalten natürlich lieber Werbung in Gebieten, wo die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass Nutzer die Produkte kaufen wollen – beziehungsweise eben überhaupt kaufen können.

 

Indien deinstalliert die App

 

Der Kern der Aussage wäre somit wirtschaftlich und technisch gesehen wahr, allerdings geht es natürlich trotzdem nicht, anzudeuten, Inder sollten die App nicht benutzen. Im Endeffekt ist es ja auch nicht so, dass Menschen in ärmeren Ländern von der Nutzung der App ausgeschlossen sind: Snapchat steht jedem auf der ganzen Welt zur Verfügung. Es ist aber natürlich auch verständlich, dass die Menschen in Indien trotz allem, was dahinter steckt und trotz der Frage, ob Spiegel das überhaupt gesagt hat, empört sind. Innerhalb von 24 Stunden ist die Anzahl von Bewertungen mit nur einem Stern im Google Play Store von gut 39.000 zu fast 193.000 gestiegen. Unter dem Hashtag #UnInstallSnapchat rufen sie zu einem Boykott der App auf. Trotzdem werden wir wohl bald überall wieder Bilder von Menschen mit Rehgesichtern oder Faceswaps sehen – denn dazu ist die App viel zu beliebt.