Stellungswechsel: Wie du mit Hilfe von Achtsamkeit besseren Sex hast
Nadine Kroll befasst sich mit den Fragen, die junge Menschen und speziell Frauen, die gerade ihre Sexualität entdecken, ganz besonders beschäftigen. Es geht um gesellschaftlichen Wandel, Selbstbestimmtheit, neugewonnene Freiheiten, Frauenrechte und natürlich um Sex.
Das Wort „Achtsamkeit“ ist in aller Munde. Das Leben ist stressig und wir müssen mehr auf uns selbst achten, um gesund zu bleiben. Vor allem in Bezug auf unsere Arbeit werden wir immer wieder auf Achtsamkeit und eine gesunde Work-Life-Balance hingewiesen, die es einzuhalten gilt.
Doch was ist eigentlich Achtsamkeit mit Sex? Darüber wird fast gar nicht gesprochen – und das obwohl wir vermutlich alle den Gedanken kennen, beim Sex im Kopf die To-Do-Liste für den nächsten Tag durchzugehen, statt im Moment zu sein und uns der schönsten Nebensache der Welt hinzugeben.
Der Grund dafür ist nicht etwa, dass der Sex uns keinen Spaß mehr macht, sondern ganz einfach Stress. Wenn wir nicht abschalten können, macht sich das bei unserer Libido bemerkbar. Was aus evolutionsbiologischer Sicht noch gut war, ist heute eher hinderlich, denn die Wissenschaft konnte inzwischen nachweisen, dass Sex sogar dabei helfen kann, übermäßigen Stress abzubauen. Blöd nur, wenn man keine Lust mehr darauf hat, weil man mit anderen Dingen beschäftigt ist und ständig unter Strom steht.
Für diejenigen von euch, die in stressigen Zeiten unter ihrem Libido-Verlust leiden und sich wünschen, Sex oder auch Selbstbefriedigung wieder mehr genießen zu können, habe ich gute Nachrichten, denn es gibt Hilfe und die heißt Achtsamkeit. Keine Sorge, ich rate dir jetzt nicht, vor dem Sex eine halbe Stunde lang zu meditieren, sondern zu etwas viel Leichterem: nämlich beim Sex selbst achtsam zu sein.
Wie genau das funktionieren soll, kannst du am besten herausfinden, wenn du es einmal ausprobierst. Zum Beispiel, wenn du dich selbst befriedigst. Hier kannst du dir besonders viel Zeit mit dir selbst lassen und musst nicht noch auf deine*n Partner*in achten. Nimm jede deiner Berührungen und Empfindungen ganz genau wahr. Wenn du spürst, wie deine Gedanken abschweifen, bring sie einfach wieder zurück ins Hier und Jetzt, indem du dich wieder auf die Empfindungen in deinem Körper konzentrierst.
Es geht dabei nicht zwangsläufig darum, einen Orgasmus zu haben (auch wenn das natürlich ein sehr schöner Nebeneffekt ist), sondern in erster Linie den Körper als Ganzes wieder einmal zu spüren und im aktuellen Moment zu bleiben. Gerade wenn wir viel Stress haben, dient uns Masturbation häufig lediglich zum Druckabbau und muss schnell gehen. Genau das aber gilt es zu vermeiden.
Möchtest du Achtsamkeit beim Sex gemeinsam mit deiner*m Partner*in ausprobieren, kann es hilfreich sein, dein Vorhaben zunächst zu kommunizieren und gemeinsam auf Entdeckungsreise zu gehen. Wenn beide Partner*innen beim Geschlechtsverkehr voll im Moment sind und sich sowohl auf die eigenen körperlichen Empfindungen, als auch die des Gegenübers konzentrieren, kann man sich noch einmal vollkommen neu kennenlernen, auch wenn man vielleicht schon mehrere Jahre lang miteinander Sex hat.
Wichtig ist auch hierbei, sich selbst und die andere Person nicht unter Druck zu setzen, sondern das Erlebte anzunehmen, wie es kommt und nicht zu bewerten. Es geht schließlich nicht um Orgasmen, sondern um Entspannung und Genuss.
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Bildquelle: Unsplash; CCO-Lizenz