Terra Xplore im ZDF: Interview mit Biologin Jasmina Neudecker

Der YouTube-Kanal Terra Xplore wagt den Sprung auf größere Bildschirme. Gemeinsam mit dem Psychologen Leon Windscheid erforscht die Biologin Jasmina Neudecker fürs ZDF das Fühlen und Handeln des Menschen. In einem Interview verriet die Naturwissenschaftlerin alles über das neue Projekt.

ZEITjUNG: In dem neuen Format Terra Xplore stehen der Mensch und sein Inneres im Mittelpunkt. Was genau in unserem Inneren wird denn da von euch erforscht?

Jasmina: Im Grunde geht es uns darum, die Frage zu klären, wie wir Menschen ticken. Also: Was macht uns eigentlich genau zu den Menschen, die wir sind? In einer Reihe beschäftige ich mich zum Beispiel mit dem Thema Empathie, was man ja eigentlich für unser Miteinander als sehr wichtig empfindet. Aber wenn man sich genauer damit beschäftigt, stellen sich einem immer mehr Fragen. Ist das immer etwas Tolles? Führt das immer zu prosozialem Verhalten? Was bedeutet Empathie eigentlich wirklich wissenschaftlich? Eine andere Frage, die wir mit dem Format klären wollen, ist: Wie wollen wir als Gesellschaft miteinander leben? Und auch dafür sind ganz viele Prozesse aus unserem Gehirn entscheidend. Zum Beispiel gibt es auch eine Reihe dazu, was eigentlich das Böse oder eben das Gute in uns ausmacht. Das kann man neurobiologisch betrachten, aber man kann eben auch auf die vielen Umweltfaktoren eingehen.

ZEITjUNG: Du bist ja selbst Biologin. Konntest du trotzdem etwas Neues aus dem Format mitnehmen? Ist dir etwas besonders im Kopf geblieben?

Jasmina: Ja, voll! Was mir hilft, ist natürlich die naturwissenschaftliche Perspektive auf die Themen und auch die große Freude an der Wissenschaft. Gerade bei diesen Themen, die so sehr aus dem Leben kommen, kann man sich dadurch so etwas wie einen Anker setzen und sich dann auf die Fakten und Schlussfolgerungen konzentrieren. Aber natürlich lerne ich da praktisch jeden Tag etwas Neues dazu. Und gerade auch die emotionale Seite ist super spannend. Zum Beispiel kann ich zwar kognitiv verstehen, was bei einem Trauma im Gehirn passiert und warum das einen so lange belasten kann. Aber wenn man dann mit jemandem spricht, der ein Trauma erfahren hat, geht einem das schon nahe und dann gibt das einem nochmal einen ganz neuen Blick auf die Themen.

ZEITjUNG: Warum ist es so wichtig, der Gesellschaft immer mal wieder einen Einblick in die Wissenschaft zu geben?

Jasmina: Ich finde das so unfassbar wichtig und vor allem so unfassbar spannend! Es gibt ja so viele Themen, über die wir uns eigentlich tagtäglich Gedanken machen. Auch bei dem Versuch, sich bei den kleinen und großen Fragen des Lebens zu orientieren. Dann ist das, was mir dabei total Orientierung bietet die Wissenschaft. Und deshalb habe ich auch den Wunsch, das zu teilen. Es hilft zum Beispiel gegen Vorurteile. Durch meinen Hollywoodfilm-Konsum hatte ich immer die Vorstellung, dass, wenn eine Katastrophe eintritt, jeder für sich allein kämpft. Aber als ich mir dann mal die Wissenschaft dahinter angeguckt habe – es gibt nämlich eine umfangreiche Katastrophenwissenschaft – dann habe ich erkannt, dass die Menschen in den meisten Fällen total prosozial agieren. Und plötzlich geh ich mit einem ganz anderen Blick durch die Welt. Auch bei einigen Entscheidungen oder wenn man sich manchmal selbst hinterfragt. Jetzt weiß ich zum Beispiel, dass ich mich auf die Erinnerungen in meinem Gedächtnis einfach nicht so verlassen kann, wie ich das vielleicht glaube. Unser Gedächtnis erinnert sich nämlich immer nur an die letzte Erinnerung und nicht an das letzte Ereignis. Das ist dann ein bisschen so wie Stille Post mit sich selber zu spielen. Dann wird einem klar, dass man sich auch irren kann, wenn man das eigentlich total klar vor Augen hat. Deshalb ist Wissenschaft für mich einfach das A und O.