Thirtysomething: #6

Von Melanie Christina Mohr

Die Generation Y: Wir kaufen nur Bio, sind überakademisiert, rotten uns in Hipster-Vierteln zusammen und sitzen angeblich lieber im Café statt im Büro. Stimmt das? Was uns ausmacht, vereint und unterscheidet, darum geht’s hier.

 

Die Generation Y probiert sich aus und das auch noch mit über Dreißig. Unermüdlich, lange, immer wieder. Wir wollen verstanden werden, nicht irgendwas machen, einen Sinn und Zweck hinter unserer Arbeit sehen, wenig Routine zulassen, immer ein bisschen Freiheit im Gepäck haben – unser Tun selbst designen.

Hineingeboren in ein Meer von Möglichkeiten, war uns schon nach dem Abi klar, dass es viel zu früh ist, um zu wissen, was in Zukunft gehen soll, also haben wir uns auf die Reise begeben, um so viel wie möglich auszuprobieren. Ideen sprudeln nämlich nahe der Inspirationsquellen und die findet man nun mal nicht, wenn man Angst davor hat, am Rand zu stehen. Wer gesprungen ist, der weiß, worum’s geht.

 

Grautöne fokussieren

 

Oft müssen wir uns dann rechtfertigen, warum es uns urplötzlich nach dem fabelhaft abgeschlossenen Lehramtsstudium mit Ende Zwanzig / Anfang Dreißig doch ins Ausland zieht. In einem winzig kleinen Zimmer, mit wenig Kohle in der Tasche, brüten wir dann mit selbsterkorenen Visionären über neuen Projekten. Das kann auf Unverständnis stoßen. Warum wir nicht auch mal an die Rente denken, uns aber dafür freuen, wenn wir ein Fotografenpärchen mit Rucksack und Kind durch die Welt hüpfen sehen, wirft man uns dann entgegen. Weil wir neue Lebensmodelle entwerfen und mutig sein wollen.

Vielleicht haben wir einfach verstanden, dass es zwischen all dem Schwarz und Weiß auch noch so viele Grautöne gibt, die wir entdecken möchten und zwar ohne Altersbegrenzung. Dass es eben nicht nur eine Sache gibt, die uns erfüllt, sondern viele. Dass Pläne umgeworfen werden können und auch sollen.

 

Alles glänzt so schön neu

 

Wir haben gefühlte hundert Leben und lieben es, nach Peter’s Pfeife zu tanzen – nicht nur, weil es sich so schön geschmeidig anfühlt, sondern Sinn macht. Neuanfänge sind nicht gleich geplatzte Träume, sie bringen uns voran, bewahren uns vor Stillstand – machen uns lebendig. Damit ist nicht gemeint, dass wir uns ununterbrochen rundum verändern sollen, aber das Selbst zu finden und auch zu fordern, verlangt eben Vielfalt. Rosarot in Einbahnstraßen zu stolpern passiert, deshalb muss man aber noch lange nicht am Straßenende stehen bleiben. Wir haben gelernt, uns neu zu erfinden und uns eine Menge zuzutrauen, ob als Kleinfamilie, Pärchen oder Single – und das ist auch gut so.

 

 

Melanie Christina Mohr ist Autorin. Sie schreibt Kinder- und Kurzgeschichten, Texte über Religion, Gesellschaft und Kultur und arbeitet am ersten eigenen Roman. Sie hat in Bonn und London Persisch und Literatur studiert, zeichnet gerne Gedanken und fotografiert Details.

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Bildquelle: Sascha Kohlmann unter CC BY-SA 2.0