Und dann kam Corona – das passiert mit deinen Verträgen & Co.

Alles schon bezahlt, und plötzlich dürfen wir nicht mehr raus. Was kann man da machen? Wir haben uns mal juristischen Rat eingeholt: von W. Klein, Anwalt für Wirtschaftsrecht. Die wichtigsten Infos haben wir hier für dich zusammengefasst:

Das Coronavirus ist momentan allgegenwärtig. Nahezu jeder Lebensbereich ist durch das Virus oder durch die Maßnahmen zu seiner Bekämpfung betroffen. Doch die Schließung von Bars, Clubs, Schulen, Kitas, Sportvereinen und vielen weiteren Einrichtungen schränken nicht nur unseren Alltag ein. Sie beeinflussen auch viele Vertragsverhältnisse.

Viele stellen sich nun berechtigterweise die Frage: Was passiert mit meinen laufenden Mitgliedschaften? Muss ich meine Beiträge für das Fitness-Studio weiterhin bezahlen, obwohl ich die Einrichtung überhaupt nicht nutzen kann? Und was ist mit bereits bezahlten Konzert- oder Festivalkarten, Reisetickets oder anderen Dienstleistungen?

Die Pandemie als „höhere Gewalt“?

Die Auffassung, dass sich auf „höhere Gewalt“ berufen kann, wer sich aufgrund der Corona-Krise aus einem bestehenden Vertragsverhältnis lösen will, ist weit verbreitet. Mit „höherer Gewalt“  sind Umstände gemeint, die sich der Kontrolle und Einflussnahme der Vertragspartner entziehen. Und weil weder mein Fitness-Studio noch ich die Corona-Pandemie hätte verhindern oder aufhalten können, dürften die Umstände in vielen Fällen dem Begriff der „höheren Gewalt“ entsprechen.

Allerdings gilt für die meisten Verträge des Alltagslebens das deutsche Zivilrecht. Und das kennt den Gedanken einer Leistungsentbindung aufgrund „höherer Gewalt“ grundsätzlich nicht. Die Berufung auf „höhere Gewalt“ funktioniert deshalb i.d.R. nur, wenn der jeweilige Vertrag oder die ihm zugrunde liegenden AGB eine „Force Majeure“-Klausel enthalten, in der ausdrücklich definiert ist, welche Ereignisse als „höhere Gewalt“ gelten und was bei ihrem Auftreten geschieht.

In allen anderen Fällen gilt das sogenannte „Leistungsstörungsrecht“ des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB):

Was, wenn der Dienstleister nicht liefern kann?

Angenommen, ich habe mir eine Waschmaschine oder ein anderes Produkt bestellt, dessen Produktion auf Zulieferungen angewiesen ist. Dann kann es sein, dass die Lieferung auf Grund von Grenzschließungen oder Werkstillegungen nicht im angegebenen Zeitraum erfolgen kann. Der Lieferant wird sich dann möglicherweise auf eine sogenannte „vorübergehende Unmöglichkeit“ berufen. Tut er das zu Recht, gelten seine Leistungspflichten nach § 275 BGB als vorübergehend ausgesetzt. Ich als Kunde kann dann aber auch meine Gegenleistung, in diesem Fall die Zahlung, verweigern. Nach einer ggf. erforderlichen Fristsetzung kann ich sogar vom Vertrag zurücktreten und eine eventuell geleistete Anzahlung zurückverlangen.

Was, wenn der Grund ein behördliches Verbot ist?

Besonders betroffen von behördlichen Weisungen und Verboten sind momentan die Reise- und Veranstaltungsbranche. Ist es einem Konzertveranstalter verboten, das geplante Event durchzuführen, werden auch seine vertraglichen Pflichten als Veranstalter gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgesetzt. Wer schon ein Ticket gekauft hat, kann dann gemäß § 326 Abs. 1 BGB den Ticketpreis zurückverlangen.

Wie immer, wenn es um rechtliche Fragen geht, sind aber auch in Zeiten des Corona-Virus die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Bevor ihr also von einem Vertrag zurücktretet, ihn kündigt oder eine Zahlung verweigert, solltet ihr deshalb anwaltlichen Rat einholen. Der kostet meist weniger als gedacht und ist allemal günstiger als ein teurer Rechtsstreit.

Und abhängig vom Betrag, der euch eventuell flöten geht, könnt ihr ja auch im Einzelfall darüber nachdenken, den betroffenen Betrieb zu unterstützen, indem ihr auf euer Recht auf Rückerstattung verzichtet. Das lokale Theater beispielsweise, wäre euch sicher dankbar!

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Bildquelle: Unsplash; CCO-Lizenz