Zeit hat keine Bedeutung

Wenn Zeit keine Bedeutung hat: Das Parkinson’sche Gesetz

Wir kennen es alle: Klausurenphase. Natürlich sind wir voll organisiert, wissen genau wann welche Prüfung ansteht und plötzlich das, der Prof wird krank oder der Raum wurde doppelt vermietet und die Klausur muss um eine Woche verschoben werden. Mega, denkt sich da der eine oder die andere, eine Woche mehr Zeit zu lernen. Doch anstatt dies dann auch wirklich zu tun, hängen wir jeden Tag auf TikTok rum oder bingen die neue Staffel Bridgerton.

Wer sich nun denkt: „Klar, das ist Prokrastionation, das kenne ich!“, der liegt ganz schön weit daneben, denn das Prinzip funktioniert auch in die andere Richtung. Wenn wir beispielsweise nur noch 2 Tage, anstatt die erhofften 5 für die Abgabe eines Projektes haben, stehen die Chancen sehr gut, dass wir das Projekt trotzdem fristgerecht einreichen. Denn: Zeit ist relativ!

Dieses Phänomen hat auch einen Namen, es heißt: Das Parkinson’sche Gesetz.

Wer hat’s erfunden?

Springen wir für die historischen Hintergründe doch kurz ins Jahr 1955. Der Historiker Cyril Northcote Parkinson ärgert sich. Und zwar so richtig. Über die bürokratische Ineffizienz der Verwaltung bei der Marine und die langsamen Angestellten. Kurzerhand setzt er sich an seinen Schreibtisch und verfasst ein Essay, welches nur kurze Zeit später im britischen Wirtschaftsmagazin „The Economist“ unter der Überschrift „Parkinson’s Law“ veröffentlicht wird. In diesem schreibt der Historiker – nicht ganz ernst gemeint – über ein neues Gesetz, welches sich anhand der ineffizienten Verwaltung beweisen ließe. Viellicht sollte hierbei erwähnt werden, dass das Parkison’sche Gesetz bis heute nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte. Doch nicht nur im Jahr 1955 erfreute es sich einem hohen Maße an anekdotischer Evidenz, welche das vermeintliche Gesetz bis ins Jahr 2022 hinübergetragen hat.

Worum geht es?

Sehr lapidar schrieb Parkinson damals im zweiten Absatz seines Essays:

Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht (und nicht in dem Maß, wie komplex sie tatsächlich ist).

Oder anders formuliert: Je mehr Zeit wir uns für eine Aufgabe nehmen, desto länger brauchen wir auch dafür.

Dabei ging es Parkinson (Wer hätte es gedacht?), im Jahr 1955 jedoch nicht um Hausarbeiten oder Uniprojekte, sondern um die Bürokratie der Marine. Dort war die Zahl der Admiräle zwischen 1914 und 1928 um stolze 78 Prozent gestiegen, während die Anzahl der Schiffe um 67 Prozent gesunken war und die der Offiziere um 31 Prozent. Man könnte auch sagen: Es gab viel weniger Arbeit, aber mehr Chefs. Na, für wen klingt das noch ein bisschen nach dem Berliner Einwohnermeldeamt?

Zum Ende seiner Analyse stellte Parkinson feierlich fest: Angestellte schaffen sich gegenseitig Arbeit. Oder auf heutige Verhältnisse bezogen: Wer keine Probleme hat, der sucht sich welche.

Was lernen wir daraus?

Natürlich war Parkinsons Essay in erster Linie Satire und doch gilt sein Gesetz in gewisser Weise bis heute. Wer sich einmal seinen eigenen Arbeitsalltag anschaut, der wird schnell merken, dass es in vielen Bürojobs lediglich darum geht, möglichst sinnvoll acht Stunden Arbeitstag totzuschlagen. Projekte werden erst kurz vor der Deadline wirklich angegangen, Meetings sind häufig überflüssig und auch viele Schulungen könnten deutlich zeitsparender durchgeführt werden.

Wer seinen eigenen kleinen Verwaltungsangestellten austricksen möchte, für den lohnt es sich, sich selbst einen Stundenplan zu schreiben und sich auch daran zu halten. Anderen hilft die Pomodoro-Methode, bei der man immer 25 Minuten konzentriert arbeitet und 5 Minuten Pause macht. Auch die Art seines Jobs oder Studiums sollte man im Zweifel überdenken. Wenn man sich immer wieder dabei erwischt, dass man mehr Kaffeepausen macht als sinnvoll zu arbeiten, sollte man sich vielleicht eine neue Aufgabe suchen.

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Bildquelle: Foto von Mikhail Nilov von Pexels