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A Global Joy: Vom Suchen und Finden der besten Straßenmusiker

In einem Van fuhren die Filmemacher Bruno Fritzsche und Maximilian Plettau durch Europa, um die Straßenmusikszene zu erkunden und zu porträtieren. Herausgekommen ist dabei die Dokumentation „A global joy“ . ZEITjUNG hat den Regisseur Bruno Fritzsche getroffen. Er hat Film und Fernsehen studiert und arbeitet als selbstständiger Regisseur, Autor und Produzent. Schon immer hat er selbst Musik gemacht und nun seine Begeisterung für das Filmemachen und die Musik zusammengeführt.

„Ich bin mit Musik aufgewachsen, habe in vielen verschiedenen Bands gespielt und so bin ich darauf gekommen, dass ich mich mehr auf Musik fokussieren möchte. Und eben auch musikalische Filme.“

Ein Gespräch über Straßenmusik, über die Menschen, die sie machen und warum der Film eine Liebeserklärung an die Musik ist.

 

Musik die verbindet

 

„Ich habe mir überlegt, nachdem ich meinen letzten Film über die Hip-Hop-Szene in Deutschland gemacht habe, dass es super wäre, einen Film zu machen, der noch näher an der Musik dran ist. Quasi back to basic. Und bei meinen Überlegungen bin ich darauf gekommen, dass Straßenmusik die reinste Form ist, Musik zu machen“, sagt Bruno Fritzsche. Keine Bühne, keine Lichtshow, nur der Künstler und das Publikum. Diese Ursprünglichkeit sollte bei dem europaweiten Filmprojekt „A Global Joy“ eingefangen werden. Mit Kameras, Mikrofonen und sonstigem Equipment ausgestattet begann eine Reise. Erst durch Süd-, dann durch Osteuropa, immer auf der Suche nach innovativen und kreativen Straßenmusikern.

Um die musikalischen Perlen zu finden, nutzten die Filmemacher eine Mischung aus Recherche und Mithilfe aus sozialen Netzen, sowohl online als auch offline. Über Facebook konnten Fans und Unterstützer immer Tipps zu geeigneten Musikern an den unterschiedlichsten Orten abgeben. Dadurch entstand eine interaktive Dokumentation. Wer in Barcelona, Paris oder Mailand einen ganz besonderen Straßenmusiker gesehen hat oder sogar kennt, konnte sich bei den jungen Filmemachern melden. Aber die Internet-Community, half nicht so sehr wie das interne Netzwerk der Musiker selbst, berichtet Bruno: „In der Straßenmusikszene kennt einfach jeder jeden. In Würzburg haben wir gestartet und hatten gleich Tipps für halb Europa.“ Der Zusammenhalt und die Unterstützung innerhalb der Szene seien bewundernswert, führt der Filmemacher weiter aus. Wenn man einen Kontakt geknüpft hat, dann ergeben sich anscheinend gleich zahllose weitere. „Es hat einfach einen schönen roten Faden ergeben: Die Hinweise aus der Social Media Community, die Tipps der Musiker und unsere eigene Recherche.“

 

Friede, Freude, Roadtrip

 

Die Jungs von „A Global Joy“ trafen beispielsweise LA Gyraf in Paris. Er ist genau das, was sie sich erhofft hatten zu treffen: Kreativ, unkonventionell, talentiert, einfach anders. LA Gyraf tritt als One-Man-Band auf und trägt dabei ein Giraffenkostüm. Er unterhält sein Publikum nicht nur mit Musik, sondern auch mit komödiantischen Einlagen. Schläft ein Passant auf der Parkbank nur kurz ein, ist LA Gyraf zur Stelle und schnarcht laut mit.

Bruno erzählt, dass sie bei der Reise Entertainer und Charaktere finden wollten und nicht den zehnten Gitarrenspieler, der Bob Dylan covert. „Wir haben darauf geachtet, dass wir Musiker finden, die innovative Musik machen.“ Musiker aus Leidenschaft eben. Und von denen sind die beiden Produzenten des Films mit offenen Armen empfangen worden. Die Menschen freuten sich sehr, dass die Szene mal Aufmerksamkeit bekommt. Zu einigen Musikern und Menschen, die sie auf der Reise getroffen haben, halten sie auch heute noch Kontakt. „Ich fand Paris ganz besonders schön, weil wir den Bus mal abgestellt und alles mit dem Fahrrad gemacht haben. Da kann man dann Paris auch mal so richtig sehen. Und sehr, sehr geil war noch Pula in Kroatien. Da haben wir Cigo getroffen, auch eine One man band. Und der lebt in einer Wohnwagensiedlung, da haben wir dann gemeinsam auch Zeit verbracht.“

Bruno und Max selbst reisten die fast 10.000 Kilometer gemeinsam in einem Van. Sie waren in München, Würzburg, Paris, Nantes, Talmont-sur-Gironde, Madrid, Barcelona, Mailand, Wien, Pécs, Belgrad, Pula und Zagreb. Und trotz der langen Fahrten und der vielen Zeit auf engem Raum hätten sie sich nicht einmal in die Haare bekommen, beteuert Bruno. „Es ist tatsächlich sehr gut gegangen alles. Wenn man sich gut versteht, gerne die Freizeit miteinander verbringt, aber auch professionell miteinander arbeiten kann, dann ist das eine gute Kombination. Ich weiß nicht, ob es auch funktioniert hätte, wenn ich den Film mit jemandem gemacht hätte, den ich nicht kenne.“

 

Ehrliche Musikliebe oder gar keine

 

Der Regisseur hat schon immer selbst Musik gemacht. Er beschränkt sich dabei aber nicht auf ein festes Genre, sondern hat einfach Bock, sich mit Musik auseinanderzusetzen. Bei den porträtierten Straßenmusikern im Film ist das ähnlich. Sie sind alle komplett unterschiedlich, brennen aber für das Musikmachen. Was sie auch verbindet, sind aber die Probleme, mit denen Straßenmusiker zu kämpfen haben.

„Alle haben sich riesig gefreut, dass wir diesen Film machen und die Szene ein bisschen Aufmerksamkeit erhält. Weil es eben nicht so ist, dass alles immer happy ist und das schwingt im Film mit. Im Vordergrund steht natürlich die Musik, aber es gibt eben auch den sozialkritischen Faktor.“

Viele Städte und Kommunen kämpfen gegen das Musizieren auf der Straße regelrecht an. Verbote und Strafen sollen abschreckend wirken. Und bei diesem Punkt gibt es eine fragwürdige Diskrepanz: Hat ein Musiker wirklich Talent und zeigt eine ausgefallene oder professionelle Show, dann scharen sich die Menschen regelrecht um den Künstler oder die Künstlerin. Um aber überhaupt auftreten zu dürfen, müssen sie sich an die Regeln der jeweiligen Stadt halten. Bruno erzählt, dass es der Wunsch von allen Straßenmusikern war, dass diese Regeln und Entscheidungen jemand trifft, der Ahnung von der Materie hat. Der also weiß, wie es ist, auf der Straße Musik zu machen und musikalisches Know-How hat.

„Städtische Kommunen verteilen Regeln und haben eigentlich keine Ahnung von Musik. Es drohen in Deutschland krasse Geldstrafen. In Madrid oder Paris werden dir nur für zwei Tage die Instrumente weg genommen. Das ist natürlich auch blöd, weil du dann kein Geld verdienen kannst, aber du musst halt nicht gleich 8.000 Euro Strafe zahlen, was natürlich keiner von denen hat!“

Auf der Straße sieht man nichts von den Ängsten und Problemen, vor die Straßenmusiker in ganz Europa gestellt sind. Aber diese Dokumentation will auch die Schattenseiten von Straßenmusik zeigen. Bruno sagt: „Im Vordergrund steht immer die Liebe zur Musik, aber die soll ehrlich gezeigt werden!“

„A Global Joy“ feiert am Sonntag auf dem DOK.fest in München Premiere und hat gute Chancen, einen der prestigeträchtigen Preise einzuheimsen.