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„Always on“: Wie wir trotz Social-Media-Job unsere mentale Gesundheit nicht vergessen

Musiker*innen beklagen, dass ihre Labels sie zu einer gewissen Zahl an täglichen TikToks zwingen – Inhalt: egal. Hauptsache, man produziert ununterbrochen Content. So meinte auch Sixx-Organisationstalent Isabella Franke kürzlich in einer Story, dass sie zwar gerne mit ihren Followern interagiere, aber auch nicht „einfach nur irgendetwas“ teilen möchte. Die „Last an Zahlen“ ruiniere den „Spaß am Onlinezirkus“. ZEITjUNG hat mit Sophia, die verschiedene Social-Media-Kanäle nebenberuflich betreut, dem Newsletterteam von „Die Kunst, Kultur zu machen“ und Yogastudiobetreiberin und Sinnfluencerin Roni Lacerda gesprochen.

Wer beruflich Kanäle betreut, rechnet in einer Währung: Schnelligkeit. Schnell Kommentare beantworten, schnell auf Memes reagieren und schnell auf neue Funktionen aufspringen.

Immer online zu sein, gehört für Sophia „zum Job halt dazu“. Sophia betreibt neben der Uni die Social-Media-Auftritte verschiedener Kunden. Natürlich hat das einen großen Pluspunkt: Sie kann flexibel von überall arbeiten, auch, wenn sie ihren Freund in Bulgarien besucht. „Das Problem ist aber auch: Wenn du Urlaub hast, wie ich diese Woche, dann setzt du dich trotzdem hin.“ Am Abend zuvor hat sie Beiträge vorbereitet und Likes gecheckt.

Da Sophia selbstständig ist, zitiert sie das berühmte „Selbst und ständig“ und fügt hinzu: „Immer.“ Sich vom Job abzugrenzen, fällt noch schwerer als bei anderen Tätigkeiten. Andere müssen immerhin extra ihr dienstliches Smartphone oder den Laptop anmachen – junge Menschen, die beruflich im Social-Media-Bereich arbeiten, sehen aber auf ihren privaten Instagram-Accounts konstant den roten Punkt, der auf Benachrichtigungen auf anderen Kanälen hinweist. Was, wenn sich das Wetter verändert – und ein Shitstorm losbricht?

Wegen ihrer Masterarbeit versucht Sophia gerade, ihre Arbeit zu reduzieren. „Früher war das schon ein Problem, wenn man immer für die Kunden erreichbar sein musste. Es ist ein sozialer Druck, immer sofort zu antworten. Die sind es nicht gewohnt, wenn du länger als vierundzwanzig Stunden nicht antwortest.“ Das war dann gelegentlich schon belastend. Abschalten geht nur so: „Das Handy sehr weit weglegen.“ Der Hessin hilft am besten, joggen zu gehen. „Klar, da hört man Musik, aber sonst nichts. Man kann einfach die Natur genießen und sich umschauen.“ Das hilft ihr als „magic key“, den Kopf freizubekommen, auch nach Lernstress. Aber: Jeder müsse sein eigenes Elixier finden.

Dass Sophia zweigleisig fährt, ist nicht ganz unüblich. Autor*innen beispielsweise werden häufig angefragt, ob sie – manchmal sogar ehrenamtlich – Social-Media-Kanäle bespielen können. Das erzählen uns die Macherinnen des Newsletters „Die Kunst, Kultur zu machen“. Ihnen geht es in ihrem Projekt unter anderem um Mental Care in der Kulturbranche – ab Juli behandelt der monatliche Newsletter Themen wie den hohen Druck beim Berufseinstieg, Nachhaltigkeit sowie Sexismus in der Kulturbranche und wie man generell Diskriminierung adressiert. Auf ihrem Instagram-Kanal diekunstkulturzumachen behandeln sie auch das Thema „Lohnarbeit“ generell.