Oliver Wnuk

Schauspieler und Autor zugleich: Oliver Wnuk im Interview

Oliver Wnuk hat sich längst von seiner Rolle des Ulf in „Stromberg“ emanzipiert und man kennt ihn auch nicht nur als Kriminaloberkommissar Hinnerk Feldmann, den er seit dreizehn Jahren in „Nord Nord Mord“ gibt. Der gebürtige Konstanzer spielte in unzähligen Filmen und Serien, schrieb zwei Romane, ein Hörspiel für den SWR und schließlich die Drehbücher für die Fernsehreihe „Das Leben ist kein Kindergarten“. In dieser spielt er noch dazu die Hauptrolle. Der dritte Teil dieser Reihe, „Vaterfreuden“, läuft am 27. Januar 2023 um 20:15 Uhr im Ersten (nachholbar in der ARD Mediathek). Darin wird von allen Seiten an Freddy gezerrt: Sowohl die hochschwangere Ehefrau als auch die Geschäftspartnerin möchten Aufmerksamkeit. Und dann steht da auch noch das Thema „Online Dating für die Oma“ im Raum. Wir sprachen mit dem ausgebildeten Schauspieler über seine Kinderbuchreihe, die Geburt eines Drehbuchs und Selbstwert.

Deine „Vaterfreuden“-Hauptfigur Freddy ist im letzten Teil von Konstanz nach Berlin umgezogen. Vom Hauptstadt-Feeling bekommt er aber nun in seiner doch sehr erwachsenen Situation gar nichts mit. Gibt es dieses Hauptstadt-Feeling überhaupt noch? Oder ist einfach nur ein sehr großer Unterschied zum Bodensee da?

Ja, ich finde schon. Wenn ich am Kanzleramt vorbeifahre oder am Bundestag, da habe ich schon das Gefühl, dass ich in der Stadt lebe, in der die Dinge entschieden werden. Ich finde so ein Hauptstadt-Vibe ist schon spürbar und dass Berlin eine Stadt ist, die näher am Puls der Zeit wabert als zum Beispiel Konstanz.

Es gibt Orte, wie Konstanz oder Sylt, die gefühlt für mich gleichzeitig Mikro- und Makrokosmos sind. Wenn ich auf Sylt drehe, denke ich: Hier brauchst du keine Nachrichten lesen. Es ist wie eine abgeschottete, heile Welt – es ist natürlich nicht alles heil, aber es macht den Anschein. Es entsteht wenig Reibung von außen. Wenn ich damals in die Schule gefahren bin, bin ich zehn Minuten durch den Wald gefahren und das war auch schön, aber das war‘s. Und meine Tochter ist hier groß geworden und musste eine dreiviertel Stunde erst Straßenbahn, dann U-Bahn fahren und bis sie in der Schule angekommen ist, musste sie bereits so viele Entscheidungen treffen und denken. Du siehst so viel Gesellschaft und auch Querschnitt der Gesellschaft.

Im Film möchte Freddys Mutter ihre Lebenszeit nicht weiter verstreichen lassen. Das ist ja auch eine gewisse Form von FOMO. Denkst du, das ist eher ein Phänomen der Neuzeit?

Ja, das hängt für mich auch mit der enormen Informationsflut zusammen, der wir mittlerweile ausgesetzt sind.

Ich habe mir auch letztens Gedanken gemacht: Warum rahmt man eigentlich Bilder und hängt sie an die Wand – man könnte sie auch so an die Wand hängen. Aber der Mensch gibt dem Rahmen eine Bedeutung. Hier ist der Anfang, hier ist das Ende. Und ich habe auch das Gefühl, Leute kaufen sich zum Beispiel eine Eigentumswohnungen und verschulden sich, um dann auch sagen zu können, ich kann ja hier die nächsten 20 Jahre nicht weg, ich habe mich ja jetzt entschieden. Entscheidungen fällen zur eigenen temporären Beschränkung der Möglichkeiten.