Jungs tragen blau, Mädchen pink? – Das war nicht immer so!
Menschen können es einfach nicht lassen, Dingen Geschlechter zuzuweisen: Blau ist männlich, pink weiblich; Hemd und Hose männlich, Kleid oder Rock weiblich (außer es ist ein Kilt). Werfen wir jedoch einen Blick in die nicht einmal allzu ferne Vergangenheit, wird schnell klar, dass es auch anders geht.
Dieser Wahn fängt heutzutage schon vor der Geburt eines Kindes an: Bereits auf sogenannten „Gender Reveal Parties“ wird sich strikt an unsere heutige, binäre Farbaufteilung gehalten – blau für Jungs, pink für Mädchen. Da hört es aber nicht auf, denn selbstverständlich müssen auch Kleidung, Zimmerwände, Möblierung und Spielzeug farblich auf das Geschlecht des Kindes abgestimmt sein, welches ihm bei oder schon vor der Geburt zugewiesen wurde. Alles andere würde das Kind ja in seiner Entwicklung verwirren – es gar traumatisieren!
Klar ist das überspitzt formuliert, dennoch haben wir alle schon von Eltern gehört, die genau so argumentieren würden. Dabei ist diese Farbaufteilung komplett beliebig, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt.
Als Pink noch „männlich“ war
Vor nicht einmal 100 Jahren wurde noch das komplette Gegenteil behauptet: Bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein galt Rot in westlichen Ländern als maskuline Farbe. Folglich war Pink, welches als das „kleine Rot“ bezeichnet wurde, eine typische Farbe für Jungen, insbesondere für solche aus Adelsfamilien.
Bereits seit dem 17. Jahrhundert wurde in europäischen Adelshäusern die Farbe Rot mit dem römischen Kriegsgott Mars und daher mit Krieg und Macht assoziiert. Die Farbe Blau wurde hingegen mit der Jungfrau Maria assoziiert – und war daher eine typische Mädchenfarbe.
So streng wie heute wurde dieser Farbcode damals allerdings nicht eingehalten.
Der Wandel kam mit dem Zweiten Weltkrieg
In den 1940ern fand eine Umkehr der Geschlechterfarben statt. Die blaue Arbeitskleidung von Handwerkern und Matrosen hat womöglich dazu beigetragen, die Farbe zu „vermännlichen“. Der „Rosa Winkel“, den KZ-Häftlinge am Ärmel tragen mussten, die aufgrund des Verdachts homosexueller Neigungen inhaftiert wurden, könnte hingegen besonders in Deutschland dazu geführt haben, dass die Farbe Pink „entmännlicht“ wurde.
Die Nationalsozialisten vollzogen auch den ersten großen Push hin zu stärker gegenderter Kinderkleidung: In den Jahrhunderten zuvor trugen Jungen genauso selbstverständlich Kleider, wie es Mädchen heute noch tun.
Wie heute mit dem Gendern von Kleidung Geld gemacht wird
In den 1960ern und 1970ern verschwand diese Geschlechtertrennung allmählich wieder, nur um im 21. Jahrhundert in großem Stil zurückzukehren. Dafür „bedanken“ kann man sich bei den Bekleidungsunternehmen, die irgendwann gemerkt haben, dass sich so mehr Geld machen lässt.
Bekamen Eltern beispielsweise erst ein Mädchen und dann einen Jungen, hätte er früher einfach die alte Kleidung seiner großen Schwester anziehen können. Indem man aber so früh wie möglich damit anfing, Kleidung (und andere Dinge) geschlechterspezifisch zu vermarkten, fiel diese Möglichkeit weg.
Heute müssen Eltern in so einem Fall doppelt kaufen. Die Industrie freut sich und wir müssen damit leben, dass wir kritisiert und unsere Kinder gehänselt werden, wenn sie sich nicht an diese völlig an den Haaren herbeigezogenen Vorschriften halten wollen. Dabei könnte es so einfach sein, sich als Gesellschaft dagegen zu entscheiden. Selbst wenn es erst einmal nur aus rein finanzieller Sicht geschehen würde, wäre schon viel gewonnen.
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