Wie weit kann Umweltschutz gehen?

Aktivismus der Letzten Generation: Ist das der richtige Weg?

Nach dem Tod einer Radfahrerin aus Berlin stehen Klimaaktivist*innen in bundesweiter Kritik.

Vergangenen Montag klebten sich zwei Aktivisten der Gruppe Letzte Generation an eine Schilderbrücke der Berliner Stadtautobahn. Es ist eine Protestaktion gegen die Klimakatastrophe. Zeitgleich in Berlin: Ein Betonmischer überrollte eine Radfahrerin. Sie starb wenige Tage später. Seitdem werden die Stimmen gegen die Letzte Generation laut. Der Vorwurf: Die Aktivisten hätten den Verkehr blockiert, weswegen ein Rettungsfahrzeug die Unfallstelle verspätet erreicht hatte. Ob die Radfahrerin hätte gerettet werden können, wenn das Fahrzeug nicht im Stau gestanden wäre, ist unklar. Trotzdem werden die Aktivist*innen aktiv für den Tod der Frau verantwortlich gemacht. Das ist nicht fair. Auch die Letzte Generation zeigte sich von dem Tod der Radfahrerin bestürzt. „Dass die Radfahrerin im Straßenverkehr verunglückt ist, ist furchtbar“, schreibt die Gruppe in einem Statement. Trotzdem wirft die Debatte die Frage auf, was Aktivismus eigentlich darf.

Die letzte Generation – Wer ist das eigentlich?

Die Letzte Generation hat sich zum Ziel gesetzt, die Regierung zu strengeren Maßnahmen gegen den Klimawandel zu bewegen. Denn der schreitet immer weiter voran. Wir sind die letzten, die verhindern könnten, dass die Erde unbewohnbar wird: Diese Auffassung vertreten die Anhänger*innen der letzten Generation. Deswegen fordern sie unter anderem ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen sowie ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket. „Ein Tempolimit von 100 km/h würde jährlich bis zu 5,4 Millionen Tonnen CO2 einsparen“, meint die Letzte Generation auf ihrer Webseite. Gehör wollen sich die Aktivist*innen vor allem durch Sitzblockaden verschaffen.

Die letzte Generation sitzt sich selbst im Weg

Die Forderungen der Letzten Generation sind wichtig und richtig. Die Welt scheint vor die Hunde zu gehen, Umweltverschmutzung und Naturkatastrophen bestimmen den Ton der Zeit, Zukunft wird zur Dystopie. Dass es deswegen Menschen gibt, die wütend werden und die Entscheidungen der Politik anzweifeln, ist mehr als nachvollziehbar. Ja, sogar wünschenswert. Trotzdem rechtfertigt eine gute Intention nicht jede Aktion. Das Risiko, dass die Aktivist*innen beim Versperren der Rettungswege eingehen, scheint fast schon paradox. Immerhin kämpfen sie ja für Leben und Überleben. Sie fordern Weitsicht für die Rettung der Erde – mit Tunnelblick.

Die Menschen, die ein Bewusstsein für die Herausforderungen unserer Zeit haben, werden versuchen die Letzte Generation zu verstehen. Das sind aber nicht die, die es wichtig wäre zu erreichen. Und der Teil der Gesellschaft, der den Klimawandel als Unsinn abtut? Der lacht sich jetzt ins Fäustchen, endlich ein weiteres Argument gegen den Klimakampf in der Tasche zu haben. Ähnlich ist es mit der Beschmutzung von Gemälden. Man bestraft damit die Kultur, die Liebhaber*innen der Kunst und nimmt der Klimadebatte damit die Vernunft, die sie so sehr gebrauchen könnte. Denn die Irrationalität ist das Lieblingsargument vieler Klimagegner: Die jungen Menschen seien einfach zu emotional. Von Politik würden sie ja nichts verstehen.

Die Letzte Generation verfolgt die Strategie der maximalen Aufmerksamkeit. Laut zu sein ist dabei aber nicht immer die beste Lösung. Ganz nach Theodore Roosevelt: „Wer stark ist, kann sich erlauben, leise zu sprechen.“ Und stark genug wären sie allemal.

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Bildquelle: Alena Koval von Pexels; CC0-Lizenz