Vor allem die junge Generation setzt sich für den Klimawandel ein

Birthstrike: Kinderlos fürs Klima kämpfen

Wegen des Klimas auf Kinder verzichten: Immer mehr junge Menschen entscheiden sich dazu, diesen Schritt zu gehen. Aber was hat es damit auf sich?

Überschwemmungen, Stürme, Hitze: Die Welt befindet sich in einem kritischen Zustand. Das ist keine neue Erkenntnis. Seit Jahren stellen sich junge Menschen deshalb auf die Straße und fordern Veränderung. Sprüche wie „Oma, was ist ein Eisbär?“ oder „There is no Planet B“ stehen in großen Lettern auf den Plakaten, die sie durch die Städte tragen. Gemacht wird trotzdem zu wenig. Politiker*innen behandeln die Klimakrise wie ein abstraktes Problem, um das man sich dann irgendwann einmal kümmert. Dass die Problematik mehr als konkret ist, wird ignoriert und vor sich hergeschoben. An die Zukunft denken? Fehlanzeige.

Deswegen greifen viele junge Menschen jetzt zu drastischeren Maßnahmen: Sie entscheiden sich gegen Kinder. „Birthstrike“ wird die Bewegung in Großbritannien genannt. Einige der Aktivistinnen lassen sich dort sogar sterilisieren, um ihre Botschaft zu verstärken. In Deutschland gibt es für die Bewegung bisher keinen festen Begriff, dafür aber einige Anhänger*innen. „Wenn ich gewusst hätte, was ich heute weiß, hätte ich vermutlich keine Kinder bekommen“, schreibt eine Userin auf Instagram. „Ich finde dass sehr sinnvoll. Alles andere wäre egoistisch“, schreibt eine andere junge Frau.

Die Zukunftsangst bestimmt den Ton der Kommentare auf Instagram. Im Herbst erschien eine Umfrage der Universität Bath, die Aufsehen erregte. Wissenschaftler*innen befragten 10.000 junge Menschen weltweit zu ihrer Zukunftsangst. Das Ergebnis: Drei Viertel sagten, sie hätten Angst vor der Zukunft. Fast die Hälfte zögere deshalb, eigne Kinder in die Welt zu setzen.

Anhänger*innen der Birthstrike-Bewegung sind überzeugt davon, dass das Leben ihrer Kinder auf dieser Welt nicht mehr lebenswert wäre. Sie haben Angst vor den Umweltrisiken, denen ihre Kinder ausgesetzt wären. Einige Menschen gehen noch einen Schritt weiter und vertreten die Ansicht, dass der Klimafußabdruck von Kindern enorm hoch sei. Kinder seien Klimakiller.

Sie berufen sich auf eine Studie, die 2017 veröffentlicht wurde. Schwedische Wissenschaftler*innen berechneten: Wer als Bewohner*in eines Industrielandes auf ein Kind verzichtet, spare damit pro Jahr 58 Tonnen an CO₂-Emissionen ein. Zum Vergleich: Wer kein Auto fährt, spart zwei Tonnen CO₂ ein. Eine vegane Ernährung sorgt für eine Ersparnis von 990 Kilo CO₂  pro Jahr. Laut der Studie gäbe es also nichts effektiveres für die Umwelt, als ein Kind weniger zu bekommen.

Gegen diese Argumentation spricht jedoch, dass die Einsparungen durch einen Bevölkerungsrückgang Jahrzehnte dauern würde. Der Verzicht auf Kinder wäre nicht sofort spürbar. Und das ist Zeit, die wir nicht mehr haben. Andere Maßnahmen wie regional und saisonal Einkaufen, Reduzierung von Flugreisen oder fleischloser Konsum lassen sich schneller umsetzen und sind ebenfalls effektiv. Außerdem kann umweltbewusster Nachwuchs auch etwas bewirken. Würden wir den Planeten sonst nicht nur denen überlassen, denen die Umwelt egal ist? Es wäre wünschenswert, die Gesellschaft so umzubauen, dass Menschen im Einklang mit dem Klima leben können.

Dafür muss jedoch noch einiges geschehen: der Umweltschutz muss in den Köpfen der Menschen ankommen. Erste Schritte sind die zunehmend voller werdenden Regale von Fleischersatzprodukten, Milchalternativen und losen Shampoos. Aber ein paar Schritte reichen nicht: Der Berg ist hoch. Und wenn wir nicht aufpassen, ist er geschmolzen, bevor wir oben angekommen sind.

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Bildquelle: Ron Lach von Pexels; CC0-Lizenz