Eva, 15, demonstriert für mehr Klimaschutz
Seit Greta Thunberg 2018 begann, mit einem selbstgebastelten Schild vor dem schwedischen Parlamentsgebäude für mehr Klimaschutz zu streiken, ist viel passiert. Mittlerweile streiken Schülerinnen und Schüler weltweit jeden Freitag, um für eine veränderte Klimapolitik zu demonstrieren. Bei dem von „Fridays for Future“ ausgerufenen globalen Klimastreik gingen alleine in Deutschland 1,4 Millionen Menschen auf die Straße. ZEITJUNG hat mit Eva von der Ortsgruppe München von „Fridays for Future“ über die Demonstrationen und die Zukunft der Aktion gesprochen.
„Ich will ja wissen, für was ich mich einsetze“
Anfangs habe sie sich nicht getraut, die Schule zu schwänzen, erzählt Eva. Deswegen hat sie in den Ferien an einem Streik teilgenommen. Seitdem ist die 15-Jährige „voll auf dem Ökotrip“, wie sie es beschreibt. „Ich nerve alle meine Freunde damit“ erzählt sie und lacht. Sie wusste davor bereits, dass Fleisch essen und fliegen nicht gerade klimafreundlich ist, das Bewusstsein für die Umwelt ist jedoch durch Fridays for Future nochmal gewachsen. „Ich habe mich genau informiert, weil ich ja auch wissen will, für was ich mich einsetze“, meint Eva, die wissenschaftliche Fakten zum Klimaschutz aufzählen kann, wie andere in ihrem Alter Songtexte zitieren.
„Politisch aktiv bin ich erst durch ‚Fridays for Future‘ geworden“
Das Interesse für Politik war bei Eva schon früh vorhanden. Besonders geweckt wurde es durch die Bundestagswahl vor zwei Jahren. „Ich fand es sehr interessant, zu spekulieren, welche Koalitionen zustande kommen würden“, erzählt sie. Ihre erste Demo besuchte sie im vergangenen Jahr, „#ausgehetzt“ in München. Wirklich politisch aktiv ist die 15-Jährige jedoch erst, seit sie regelmäßig zu den Streiks von „Fridays for Future“ geht.
„Das Klimapaket ist ein Schlag ins Gesicht.“
Zu dem aktuellen Klimapaket der Bundesregierung sagt sie „das Paket ist ein Schlag ins Gesicht der 1,4 Millionen Menschen, die mitten an einem Freitag ihre Arbeit niedergelegt haben, um für mehr Klimaschutz demonstrieren zu gehen“. Die Maßnahmen reichen bei weitem nicht, um das Pariser Abkommen und damit das 1,5 Grad Ziel einzuhalten, resümiert Eva. Laut Angaben von „Fridays for Future“ waren 1,4 Millionen Menschen am 20. September auf den Straßen. „1,7% der Bevölkerung, über die sich die Politik einfach so hinwegsetzt“. Eva wirkt aufgebracht.
„Eine Tonne CO2 kostet weniger, als eine Maß Bier“
Wissenschaftler würden einen CO2-Preis von 50 bis 100 Euro pro Tonne empfehlen, erzählt sie. Laut Klimaschutzpaket wären es in Deutschland 10 Euro, und auch das erst ab 2021. Die Entwicklung frustriert Eva. „Eine Tonne CO2 kostet in Deutschland weniger, als eine Maß Bier auf dem Oktoberfest“, sagt sie verärgert. Die CO2-Steuer stehe generell gerade im Vordergrund, „vorerst mit das Wichtigste“, meint Eva. Den Kritikern, die Angst davor haben, dass Klimasteuern nicht sozial verträglich seien, hält sie ein Projekt aus der Schweiz vor, die Klimadividende. Hierbei zahlen alle denselben Betrag, und diejenigen, die besonders klimaschädlich gelebt haben, müssen später drauf zahlen. Meist sind das ohnehin eher die Wohlhabenden, sagt Eva, daher sei für sie das Argument der Belastung für ohnehin schon stigmatisierte Gruppen nicht gültig. Außerdem stellt sie klar, dass die Individualbelastung für sie viel zu stark in den Fokus gerate. „Da wird dann darüber diskutiert, wie oft Luisa Neubauer in den Urlaub fliegt, anstatt über die Forderungen von „Fridays for Future“ zu sprechen“, sagt Eva empört. Die Veränderung zur Nachhaltigkeit kann nunmal nicht von Einzelpersonen getragen werden, sagt sie. Die Politik müsse Rahmenbedingungen schaffen, so dass ein klimafreundliches Leben überhaupt möglich ist. Momentan ist es selbst für Eva manchmal noch schwierig, beispielsweise vegetarische Alternativen in manchen Münchner Restaurants zu finden.
Was macht dich wütend?
Am wütendsten machen sie aber die Menschen, die gegen Greta Thunberg hetzen. „Das ist ein 16-Jähriges Mädchen, die für ihre politischen Ziele auf die Straße geht, und dafür wird sie dann fertig gemacht“ schimpft Eva. Inhaltliche Kritik ist okay, nur meistens sei dem eben nicht so. „Ich hab auch auf meiner Schultoilette einen Sticker gegen Greta entdeckt, den ich noch überkleben muss“, schmunzelt sie.
„Der 20.9 hat mich emotional überfordert“
Von all den Erlebnissen mit „Fridays for Future“ ist Eva besonders der 20. September im Gedächtnis geblieben. „Erst durfte ich die Anzahl der Teilnehmer, 60,000 durchgeben, und dann dieses Klimapaket“, erzählt sie, „das hat mich einfach emotional überfordert.“
Wie geht es jetzt weiter für „Fridays for Future“? Momentan wird hitzig darüber debattiert, Gruppen wie „Exinction Rebellion“, denen der Klimastreik nicht weit genug geht, haben zum zivilen Ungehorsam ausrufen. „Wir demonstrieren weiter“, da ist sich Eva sicher. Für sie gebe es nur zwei Gründe, um damit aufzuhören: entweder, die Forderung werden erreicht, oder das Interesse lasse nach. Bei Letzterem ist sie sich allerdings sicher, dass das nicht eintreten wird: wer einmal mit dem Klimathema angefangen hat, hört damit so schnell nicht auf.
Und wie sähe die ideale Welt aus?
Wenn Eva ihre Utopie beschreibt, klingt das fast schon traurig. In ihrer idealen Welt haben alle Menschen eingesehen, dass es den Klimawandel wirklich gibt, und dass der Mensch dafür verantwortlich ist, meint Eva nüchtern. Sie wünscht sich ein gerechteres System, mehr basisdemokratische Ansätze und Akzeptanz für alle gesellschaftlichen Schichten und Gruppen. Kein Sexismus, kein Rassismus, keine Intoleranz. Aber so wird es nicht kommen, betont sie. Es gibt so viele Utopien, da sei ihre nicht notwendigerweise die Beste. Irgendjemand ist immer dagegen, stellt sie fest.