Die „Letzte Generation“: Klimaschutz durch zivilen Ungehorsam

Erst die Corona-Pandemie und jetzt der Ukraine-Krieg: Die Diskussionen um den Klimaschutz sind in den vergangenen Wochen immer weiter in den Hintergrund gerückt. In dieser Zeit bildete sich eine neue Gruppe radikaler Klimaschützer: Die „letzte Generation“

Die erste gemeinsame Aktion der „letzten Generation“ fand während des Wahlkampfs zur Bundestagswahl 2021 statt: Der sogenannte „Hungerstreik der letzten Generation“. Gefordert wurde ein öffentliches Gespräch mit allen drei Kanzlerkandidaten. Erreicht wurde das nicht.

In den letzten Monaten fiel die Gruppe immer wieder auf. Hauptsächlich durch das Blockieren von Straßen in Berlin. Zuletzt wurde das Kanzleramt mit dem Spruch „Wo ist Olaf?“ bemalt. Und sie haben auf die ein oder andere Art Recht, den Olaf Scholz hat sich seit seinem Regierungsantritt im Dezember 2021 tatsächlich sehr unauffällig verhalten. Als Hauptforderungen an die Bundesregierung werden effektive Maßnahmen zum Klimaschutz, Bürgerräte und das Verzichten auf neues Nordseeöl formuliert. Als Mittel zum Erreichen dieser Ziele, wird der zivile Ungehorsam genutzt. Das heißt in der Realität: An Straßen und Autobahnen festkleben oder auch mit Kabelbindern an den Pfosten eines Tores bei einem Eintracht Frankfurt Spiel. Die Absicht dahinter ist, Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken, um Gespräche darüber zu erzwingen. Oft steckt auch eine Symbolik dahinter. Doch ist das wirklich effizient?

Der richtige Weg?

Der erste Teil des Plans ging zwar auf. Die Gruppe wurde trotz junger Existenz sofort wahrgenommen und in diversen TV-Shows erwähnt. Ab und zu gehen außerdem die Wutanfälle der Leute auf den blockierten Straßen auf TikTok und Instagram viral. Das führt allerdings direkt zum großen Problem hinter den Aktionen: Der Großteil der Menschen ist sehr genervt von dieser letzten Generation. Es wird also über sie gesprochen, hauptsächlich aber negativ.

Dabei sind die Ansätze in keiner Weise verkehrt. Die Klimakrise wird in der Tat unterschätzt und nicht mit angemessener Dringlichkeit behandelt. Das 1,5 Grad Ziel kann wirklich kaum noch erreicht werden und die ersten Klimatoten sind bereits gefallen. Die Politik muss sich entschlossener und effizienter dem Klimawandel entgegenstellen. Da dies tatsächlich kaum von alleine geschieht und wirtschaftliche Interessen die des Klimaschutzes noch immer zu schlagen scheinen, ist es wichtig Druck auszuüben. Zum Beispiel durch Protestaktionen. Es hat sich gezeigt, dass die Fridays-for-Future Demonstrationen der Jahre 2018/2019, zwar erreicht haben, dass intensiver über die Problematik geredet wird und Lösungsansätze formuliert werden, die Umsetzung dieser jedoch kaum stattfindet.

Da das Thema aber äußerst dringlich ist und wir nicht mehr viel Zeit haben, ist die Idee eines zivilen Ungehorsams als Mittel durchaus nachvollziehbar und könnte sinnvoll eingesetzt werden.

Das Problem ist und bleibt jedoch die Auswahl der Aktionen. Der größte Druck lässt sich auf Politiker ausüben, wenn eine möglichst große Anzahl an Personen sich klar positioniert und Forderungen stellt. Denn jeder Mensch ist eine Wählerstimme, die Währung der Politik. Wenn die letzte Generation nun aber eine wichtige Autobahnauffahrt blockiert und so tausende Menschen, größtenteils aus der Unter-und Mittelschicht, genervt in einem Stau zurücklässt, wegen dem sie vielleicht nicht rechtzeitig zu ihren Terminen kommen, führt das dazu, dass die Leute sich klar und laut vom Protest und im schlimmsten Fall sogar dem Klimaschutz allgemein distanzieren.

Das suggeriert der Politik dann, dass die Sorgen von einer Minderheit ausgehen, die für ihre Machtposition nicht relevant ist. Es wird sich weiter nichts verändern.

Sinnvoller wäre es, effektive Aufklärungsarbeit zu leisten und Protestaktionen durchzuführen, die keinen Privatpersonen schaden, um so eine immer größer werdende, klimaschützende Bewegung aufzubauen, die von der Politik nicht länger ignoriert oder als Sündenbock dargestellt werden kann.

Der Klimaschutz kann nur durch von Politikern eingeleitete Maßnahmen sinnvoll vorangetrieben werden. Dafür ist es wichtig eine geeinte Bewegung in der Bevölkerung entstehen zu lassen, die klare Forderungen formuliert. Das Verhalten der letzten Generation bringt die Gespräche über den Klimaschutz zwar zurück, spaltet allerdings die Menschen und entzieht ihnen somit einen großen Teil ihrer Macht.

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Bildquelle: Pexels; CC0-Liznez