Historisches Klimaschutz-Urteil: Politik zum Handeln gezwungen
Es ist ein historischer, fast revolutionärer Moment im Kampf um einen gerechten Klimaschutz, jedenfalls für die zahlreichen Beschwerdeführer*innen, darunter Verbände wie „Greenpeace”, „Germanwatch”, „Protect the Planet” und Einzelkämpfer*innen wie die bekannte Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Nach über einem Jahr wurde den Kläger*innen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (Teil-)Recht bezüglich des deutschen Klimaschutzgesetztes zugesprochen. Aber worin bestehen deren Vorwürfe? Und was bedeutet das Urteil für die Zukunft des Klimas?
Spätestens seit sich 2019 die globale Bewegung „Fridays for Future” gebildet hat und Millionen junge Schüler*innen und Student*innen für einen besseren Schutz des Planeten auf die Straße gehen, müsste jedem*r Klimaschutz ein Begriff sein. Schon seit jeher ist die Forderung der Aktivist*innen, Klimaschutzmaßnahmen zu entwerfen, die zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius führen sollen. Das 2019 im verabschiedete Klimapaket für Deutschland, welches vorsieht, bis 2030 die Treibhausgase bis zu 55 Prozent zu reduzieren und bis 2050 Klimaneutralität herzustellen, reicht nach Meinung der Aktivist*innen nicht aus, um Schutz für die jetzige und nachfolgende Generationen zu garantieren. Organisationen wie „Greenpeace” klagen die Regierung an, die versprochenen Ziele aufgrund von nicht vorhandenem politischem Willen nicht ausreichend erfüllt zu haben, obwohl die Maßnahmen, wie das Drosseln der Braunkohlekraftwerke, praktisch umsetzbar gewesen wären. „Greenpeace” schließt sich also den Kläger*innen an, darunter Familie Backsen aus Pellworm, die repräsentativ für den landwirtschaftlichen Aspekt vor Gericht zieht. Der Bauernhof der Familie leidet stark unter den extremen Wetterverhältnissen, die zu übermäßigen Überschwemmungen, Ernteausfällen und schlechter Luft führen, wodurch sowohl Mensch als auch Tier starken Belastungen ausgesetzt sind.
Für die Beschwerdeführer*innen ist klar, der Staat muss das Grundrecht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Berufsfreiheit und Eigentum wahren. Diese versäumte Schutzpflicht fordern die Kläger*innen vor dem Bundesverfassungsgericht ein und sie bekommen Recht, jedenfalls teilweise, und heben damit die Klimapolitik auf eine ganz neue Stufe.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe
Für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist das deutsche Klimaschutzgesetzt nicht verfassungsgemäß. Und warum? Der Staat hat die Pflicht, die Rechte und Freiheiten von heutigen als auch von zukünftigen Bürger*innen zu schützen. „Der Gesetzgeber muss bis zur Klimaneutralität die Freiheitschancen für die Zeit vor 2030 und nach 2030 verhältnismäßig verteilen. Dafür muss er rechtzeitig Vorkehrungen treffen. Für die weitere Reduzierung der Treibhausgasemission ab 2031 fehlen jedoch ausreichende gesetzliche Vorgaben.” so Pascal Schellenberg, der Sprecher des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Der Staat muss also ab sofort beweisen, dem Recht auf Klimaschutz nachzukommen und bis 2022 eine Reform ausarbeiten.