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Anonymität im Netz – Eher Fluch als Segen?

Instagram, TikTok und Co. nehmen im Leben vieler Menschen eine höchst prominente Rolle ein. Die gebotene Anonymität in den sozialen Medien scheint dabei ein zweischneidiges Schwert zu sein. Sie fördert einerseits die Meinungsäußerung, gewährt allerdings auch die Verbreitung von Hass und Hetze. Die Pflicht zur Nennung des Klarnamens könnte dem Problem Abhilfe schaffen.

In der heutigen Zeit sind die sozialen Medien für viele Menschen ein integraler Bestandteil ihres Lebens. Immerhin nutzen über 4,62 Milliarden Menschen die sozialen Netzwerke, wobei ein einzelner Mensch im Durchschnitt 7,5 verschiedene Social Media Accounts besitzt und nahezu zweieinhalb Stunden pro Tag auf ihnen verweilt. Dabei teilt man private Angelegenheiten mit Follower*innen, kommentiert Beiträge oder tauscht sich über zahlreiche Themen mit anderen User*innen aus. Oftmals rückt die Tatsache, dass das Onlineleben reale Konsequenzen haben könnte, dabei jedoch in den Hintergrund und scheint vergessen. Gerade die Anonymität, die einem in den sozialen Netzwerken geboten wird, verursacht immer wieder Probleme und schädigt dabei andere Menschen.

Wie sich Hass und Hetze verbreiten können

Viele Menschen nutzen die sozialen Medien insbesondere aufgrund der Tatsache, dass sie dort anonym agieren können. Ein gewisser Grad an Anonymität kann dabei durchaus Vorteile mit sich bringen. So wird es den Menschen einfacher gemacht, ihre Meinung offen zu teilen oder sich in Communities einzubringen, die sie ohne die Möglichkeit der Anonymität gemieden hätten. Die Schattenseite des Ganzen ist allerdings, dass Anonymität schnell dazu führen kann, dass die Hemmschwelle einer Person drastisch sinkt.

Zahlreiche Studien belegen, dass die Anonymität, welche im Netz gegeben ist, die User*innen dazu verleitet, Aussagen zu tätigen, welche sie sonst für sich behalten würden. Nie war es einfacher, Menschen, deren Lebensweisen man nicht befürwortet, seine Meinung zu geigen. Der Grund dafür: Bisher gab es kaum beziehungsweise keine Konsequenzen für solch ein Handeln. Hass und Anfeindungen im Internet nehmen ungehindert immer weiter zu, mit massiven Auswirkungen für die Betroffenen. Personen, welche bereits im jungen Alter mit Hass im Netz konfrontiert wurden, laufen stärker Gefahr, eine Angststörung oder Depression zu entwickeln. Andererseits kann es auch dazu kommen, dass Jugendliche radikalisiert werden. Ihnen wird beigebracht, Beleidigungen und sonstige Anfeindungen gegenüber anderen Gruppen seien gerechtfertigt. Die Folge davon ist, dass einzelne Individuen weniger dazu geneigt sind, über sich selbst oder ihre Community zu sprechen oder sich ganz aus den sozialen Medien zurückziehen.

Das Melden von Hassbeiträgen oder Accounts wird von den Betreiber*innen wird oftmals ignoriert. In den seltensten Fällen werden Kommentare oder Accounts gelöscht. Doch selbst wenn: Was hält die betreffende Person davon ab, sich einfach einen neuen Account zu erstellen?   

Lösungsansätze

Eine Lösung gegen den Hass im Netz könnte die Pflicht zur Nennung von Klarnamen beim Erstellen eines Accounts sein. Nicht nur würde so die Hemmschwelle für Hassrede auf den Sozialen Medien erhöht werden, sondern es wäre auch den Strafverfolgungsbehörden dabei geholfen, strafbare Inhalte zu verfolgen und die Täter ausfindig zu machen. Insbesondere Facebook setzt sich für die Pflicht zum Klarnamen ein. Dafür wurden sie von zwei Nutzer*innen verklagt. Vor Gericht sagte ein Vertreter des Unternehmens: „Wir sind überzeugt, dass Menschen mehr Verantwortung für ihre Aussagen und Handlungen übernehmen, wenn sie ihren echten Namen auf Facebook verwenden.“ Da Facebook den Prozess verloren hat, müssen sie jedoch weiterhin Pseudonyme akzeptieren.

Eine Alternative zur Klarnamenpflicht wäre die Identifizierungspflicht. Pseudonyme wären weiterhin erlaubt, jedoch müsste bei der Registrierung sowohl der richtige Name, die aktuelle Adresse als auch das Geburtsdatum angegeben werden. Viele soziale Netzwerke verzichten bisher auf diese Maßnahmen. Fest steht: Der Persönlichkeitsschutz verläuft in die falsche Richtung. Die Opfer sind weiterhin hilflos den Täter*innen ausgesetzt, während diese ungehindert Hass im Netz verbreiten können. Die Anonymität wurde zu einem Schutzwall für Hetze, rechtsextreme Gewalt und Propaganda.

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