Die Verteilung von Arm und Reich im Wandel der Zeit
„Die Schere zwischen Arm und Reich kläfft kläffer denn je“, um es in den Worten des Kabarettisten Olaf Schubert zu sagen. Übersetzt bedeutet das: Die Reichen werden reicher und die Armen ärmer.
Nicht alle werden mit der gleichen Härte vom Lockdown getroffen: In der großen Wohnung oder im eigenen Haus lässt es sich leichter aushalten als zu viert in der 2-Zimmer-Wohnung. Wer aus dem Homeoffice arbeiten kann und am besten noch einen unbefristeten Arbeitsvertrag besitzt, wird zudem besser schlafen können als jemand, der tagtäglich um seine Stelle und somit seine Existenz bangen muss.
Nicht nur eine Sache des Einkommens
Die Pandemie hat vor allem gezeigt, dass ein hohes Einkommen allein noch kein Indikator für Wohlstand ist. Auf dieser Erkenntnis basierend hat ein Team rund um den Bremer Soziologen Olaf Groh-Samberg das bisherige Konzept überarbeitet und dabei neben Einkommen auch die Wohnsituation, das Vermögen und die Integration in den Arbeitsmarkt einfließen lassen. Auf dieser Basis wurde für ZEIT Online auch ein interaktiver Rechner entwickelt, mit dem du herausfinden kannst, wo du gerade stehst. Die Einteilung erfolgte in 6 Stufen: Wohlhabenheit, Wohlstand, Mitte, untere Mitte, Prekarität und Armut. Die Wissenschaftler sprechen von „sozialen Lagen“, man kann sie aber auch getrost als gesellschaftliche Klassen oder Schichten bezeichnen.
Die Forschungsgruppe hat zudem festgestellt, dass sich die Lebensverhältnisse in Deutschland seit den Achtzigern kontinuierlich auseinanderentwickelt haben: In den Jahren 1948 bis 2018 – also innerhalb von 70 Jahren – hat sich der Mittelstand um 8,1 Prozentpunkte verkleinert. Gewachsen sind dagegen die Ränder. Die Zahl der Wohlhabenden und der in Armut lebenden Bevölkerung ist gestiegen.
1984 | Änderung in % | 2018 | |
Wohlhabenheit | 5,7 | +5,4 | 11,1 |
Wohlstand | 11,7 | +4 | 15,7 |
Mitte | 48 | -8,1 | 39,9 |
untere Mitte | 16,7 | -4,9 | 11,8 |
Prekarität | 9,8 | -0,5 | 9,3 |
Armut | 8,1 | +4,1 | 12,2 |
Die einzelnen Wohlstandsfaktoren verstärken sich dabei gegenseitig: Wer ein hohes Einkommen besitzt, verfügt in der Regel auch über mehr Vermögen, mehr Wohnraum und eine feste Stelle. Jemand mit geringem Einkommen hingegen besitzt in der Regel wenig bis kaum Vermögen und keine feste Stelle.