Studierende

Armut im Studium: Wie die Inflation Studierende an ihre Grenzen bringt

Im Zuge der Inflation verschärft sich die finanzielle Lage vieler Studierender. Der Spagat zwischen Uni und Arbeit wird somit immer größer. Wie Studierende immer mehr an ihre Grenzen stoßen.

Eigentlich hätte das Master-Studium der schönste Abschnitt im Leben von Kim Meyer (26) werden sollen – rückblickend war es für sie die reinste Folter. Hier ein Uni-Kurs, da eine Hausarbeit und zwischendurch eine Unmenge an Referaten: eigentlich machbar, wären da nicht die finanziellen Schwierigkeiten gewesen, die Kim tagtäglich Kopfschmerzen bereiteten. 

Im Bachelor-Studium konnte sie noch mit einem Job finanziell über die Runden kommen. Was Armut im Studium bedeutet, bekam sie erst so richtig im Zuge der Inflation zu spüren: Kim schaffte es in ihrem Master-Studium trotz zwei Jobs gleichzeitig nicht, sich über Wasser zu halten.

Der große Spagat zwischen Uni und Arbeit

Vom staatlichen BAföG ist Kim ausgeschlossen und von ihren Eltern bekommt sie auch keine finanzielle Unterstützung. Sie hatte lange mit dem Gedanken gespielt, einen Studienkredit aufzunehmen, entschied sich am Ende jedoch dagegen. „Das Letzte, worauf ich Lust hatte war, verschuldet ins Arbeitsleben zu starten. Da dachte ich mir: Dann wird jetzt einfach bis zum Geht-Nicht-Mehr gearbeitet.“ 

Doch das gestaltete sich deutlich schwieriger, als Kim angenommen hatte. Der Papierberg auf ihrem Schreibtisch wurde immer größer – und sie selbst immer verzweifelter. Zeit für Pausen blieb ihr kaum.

Mehr als vier Stunden Schlaf pro Nacht waren nicht drin, denn Kims Tag war voll mit Uni-Kursen, Arbeit und Lernen. Im Supermarkt griff sie nach allem, wo Koffein draufstand. Ein bisschen Herzflattern nahm sie tagtäglich in Kauf, um auch nachts durchlernen zu können und auf der Arbeit einigermaßen fit zu sein. Hin und wieder ließ sie sich von einer Freundin, die ADHS hat, Ritalin-Pillen geben. Koffein und Ritalin wurden zu Kims Garanten für einen produktiven Tag. Schlaf wurde immer mehr zu einem Luxus, den Kim sich verwehrt hat. 

Ihr blieb nicht mal Zeit für Freund:innen. Über zwei Jahre lang versuchte sie, auf einen Urlaub mit ihren zwei besten Freundinnen zu sparen, doch am Ende reichte das Geld gerade mal, um ihre Fixkosten abzudecken. Wegen der steigenden Preise musste Kim auf ihre Ersparnisse der letzten Jahre zurückgreifen. „Nach den Corona-Jahren hätte ich echt einen Urlaub gebraucht“, sagt Kim. Ihre Freund:innen stehen schon fest im Berufsleben und unternehmen regelmäßig Ausflüge. Das brachte Kim dazu, ihr Studium infrage zu stellen: „Es kann doch nicht sein, dass ich jeden Cent umdrehen muss – ich bin jung und will was erleben!“