„Band Aid 30“ schürt fiese Vorurteile

Von Caroline Whiteley

Alle Jahrzehnte wieder versucht sich die Gutmensch-Popstar-Band „Band Aid“ (deutsch: Pflaster) daran, die Not in Afrika zu lindern, die Welt zu retten und dabei noch Weihnachtszauber zu versprühen. Zum 30. Jubiläum der 1984 gegründeten Band versammelt Bandleader Bob Geldof nun wieder bekannte Sternchen wie die Jungs von One Direction, Ed Sheeran, Ellie Goulding und Coldplay-Frontman Chris Martin, um den von Geldof geschriebenen Weihnachtshit „Do They Know It’s Christmas Time“ neu aufzunehmen und damit Spenden zu sammeln – doch statt wie in den 80ern die Hungersnot in Äthiopien zu eliminieren, soll nun Ebola bekämpft werden.

Das Resultat ist eine schmalzig-hoffnungsvolle Feel-Good-Hymne, die während der Weihnachtszeit sicherlich den einen oder anderen Radiohörer bestenfalls in Spendenlaune bringen wird und ihm im schlimmsten Fall nicht mehr aus dem Ohr geht. Das Konzept geht auf — laut BBC ist der Song bereits die am schnellsten verkaufte Single des Jahres.

Laut aktuellen Berichten soll bald sogar eine deutsche Version auf dem Markt erscheinen. Tote Hosen-Frontman Campino habe sich über’s Telefon von Bono dazu überreden lassen. Die deutsche Band besteht aus Mitgliedern wie Marteria, Thees Uhlmann und Peter Fox, aufgenommen wurde ihr „Ebola Song“ schon in Berlin.

So weit, so vorhersehbar. Eine Gruppe berühmter Musiker tut sich zusammen, spendet ihre Zeit, um einen eingängigen Track zu basteln, der die Charts stürmt und dabei Gutes tut – eigentlich nicht schlecht, oder? Allerdings gibt es bei dieser Art von Spendenaktion einige Probleme, die bei allen Weltverbesserungszielen nicht außer Acht zu lassen sind.

 

„Band Aid” trägt zur Aufrechterhaltung von Klischees bei

 

Schon 1984 geriet Band Aid in die Kritik, der Song „Do They Know It’s Christmas Time“ sei herablassend und bevormundend. Der Titel beweise dies schon – angesichts der Tatsache, dass in Afrika über 500 Millionen Christen leben, kann man sich die Frage, ob Afrikaner wissen, dass Weihnachten ist, schon selbst beantworten. Und bei Songzeilen wie „Where a kiss of love can kill you and there’s death in every tear“ fällt es schwer, den ganzen Track überhaupt durchzustehen, geschweige denn Geld dafür auszugeben. Geldof ist dies jedoch egal, er behauptet, man solle den Song kaufen „ob man ihn mag oder nicht“ – schließlich sei man sonst ein Geizhals, dem die Bekämpfung von Ebola egal ist. Um die Absicht zu verstärken, wird das dazu gedrehte Musikvideo mit Schockbildern von Ärzten in Schutzkleidung geschmückt, bevor Einblick in das gemütlich-lockere Studio gewährt wird, in dem die Stars den Song aufnehmen.

 

Geldof und andere Popstars sind Steuerbetrüger

 

Es sieht nicht gerade gut aus für Geldof und seine Projekte, wenn er zum einen Menschenliebe predigt und gleichzeitig Steuersparmodelle ausnutzt. Auf die Anfrage einer Journalistin von „Sky News“, wie Geldof es fände, wenn jeder Popstar in „Band Aid“ seine Steuern richtig zahlen würde anstatt zu Spendenaktionen aufzurufen, reagierte Bob Geldof mit Schimpfwörtern, bis ihm schließlich das Mikro abgedreht wurde. Bono ist zudem bekannt dafür, die irischen Steuern zu umgehen, während er die Regierung belehrt, wie sie Entwicklungsländern zu helfen hat.

 

Adele lehnte ab und Fuse ODG stieg aus

 

Einige Künstler, die eingeladen worden sind, an „Band Aid 30“ teilzunehmen, haben abgelehnt – unter anderem Adele und der Rapper Fuse ODG. Letzterer hatte zunächst zugesagt, stieg aber wieder aus, als ihm die neuen Lyrics von „Do They Know It’s Christmas Time“ zugesendet wurden. Die Texte, besonders die vorgeschlagene Zeile „There is no peace and joy in west Africa this Christmas“ stünden im Widerspruch zu dem Afrika, das der Rapper kenne und liebe. Adele entschied sich lieber dazu, privat bei Oxfam zu spenden.

Dass zur Bekämpfung von Ebola wahnsinnig viele Ressourcen gebraucht werden und dass Spendenaktionen grundsätzlich nicht immer in Frage gestellt werden müssen, ist klar. Sicherlich hilft jede Aktion, die Spendengelder an die richtige Stelle bringt und auf ein Problem wie Ebola aufmerksam macht. Nächstenliebe ist gut! Doch Nächstenliebe verbunden mit Igonranz und fiesen Stereotypen hilft niemandem.



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Bildquelle: Mark Kent unter CC BY-SA 2.0