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Carsten Stahl: Vom Reality-TV-Star zum politischen Meinungsmacher

Für einige ist Carsten Stahl ein selbstloser Held, für andere nur ein Fernseh-Clown. Die vermehrten Auftritte als Politikexperte offenbaren nun neue Seiten des außergewöhnlichen Charakters. Stahls Entwicklung ist einzigartig: vom Laienschauspieler zur Trash-TV-Legende, zum engagierten Mobbingcoach und jetzt schließlich zum Politikexperten.

Bekannt wurde Carsten Stahl durch seine Rolle als Privatdetektiv beim RTL2 -Format Privatdetektive im Einsatz. Sein Name, sein Aussehen und sein Auftreten passen dabei sehr stimmig zueinander. Ein Muskelpaket mit rauem Ton, das viel schreit, Türen eintritt und mit reichlich Körpereinsatz Kleinkriminellen begegnet, dazu der Name „Stahl“. Einfach das gewisse Etwas, um im Nachmittags-TV den Legendenstatus zu erlangen und sich ähnlichen Größen des Trash-TV wie Psycho-Andreas oder Nadine the Brain anzuschließen.

Nach dem Aufmerksamkeitsschub durch die Laienschauspielerei für RTL2 entschloss sich Stahl aktiv gegen Mobbing zu werden. Er gründete die Initiative „Stoppt Mobbing“ und den Verein „Camp Stahl“, um Mobbingopfern zu helfen und Mobbing vorzubeugen. In den Medien wurde er folglich als Gewaltpräventionsberater betitelt. Ein lobenswerter Schritt, beachtet man, dass Reality-TV am Nachmittag gar nicht so weit von tatsächlichem Mobbing entfernt ist.

Guter Zweck, fragwürdige Mittel

Der selbsternannte Präventionscoach reist durch Deutschland, hält Vorträge, trifft betroffene Schüler*innen an zahlreichen Schulen und sensibilisiert für das Thema. Redet er in Interviews oder bei Vorträgen über Mobbing, zeigt sich aber auch ein Hang zur Selbstdarstellung. Welche Erfahrungen hat Carsten Stahl mit Mobbing gemacht? Wie ist er da wieder rausgekommen? Was würde Carsten Stahl hier tun?

Tatsächliche Erfolge bei der Mobbingprävention zu messen, gestaltet sich als schwierig. Es ist uns aber möglich, die Methoden zu beurteilen. Einige politische Lokalverbände arbeiteten offiziell mit Stahls Initiative gegen Mobbing an Schulen. Die Resonanz fällt dabei unterschiedlich aus – während einige seinen Einsatz loben, verurteilen andere seine Methoden als unpädagogisch. In Berlin-Neukölln möchte man nicht weiter mit ihm an Schulen gegen Mobbing kämpfen. Der Jugendhilfeausschuss wird deutlich in einer Stellungnahme zum Antrag:

„Die Arbeitsgemeinschaft der freien Träger der Jugendarbeit vertritt die Ansicht, dass Anti-Mobbing-Arbeit nicht nach dem Prinzip ‚der Zweck heiligt alle Mittel‘, sondern nach den fachlichen und pädagogischen Standards erfolgen muss.“

– Jugendhilfeausschuss

Stahls Vorgehen beim Anti-Mobbing-Training wird als brachial und emotional beschrieben. Dass er nicht immer einen kühlen Kopf bewahrt und gerne auch mal wutentbrannt herumschreit, half ihm bei seiner TV-Karriere, doch sorgt für Kritik bei der Gewaltprävention an Schulen. Geht es um Schuldige bei Mobbingfällen, zeigt Stahl stets auf den Staat und seinen mangelnden Einsatz für Kinder. Er spricht dabei durchaus valide Punkte an, doch scheint es ihm mehr darum zu gehen, die politische Führung zu diskreditieren als tatsächlich etwas verändern zu wollen. Dies machen auch seine jüngsten öffentlichen Auftritte deutlich.