Corona: Abwarten, andere vorlassen – das sagen Impf-Skeptiker

Katrin, 36, schwebt in der Luft: Zwar geriet sie durch Corona in die Kurzarbeit, dennoch will sie sich als bekennende Skeptikerin nicht gegen das Virus impfen lassen. Vor der Pandemie hatte sie noch nie über das Thema Impfen nachgedacht, jetzt ist es jedoch anders: Es sei nicht genug getestet worden und man könne Langzeitfolgen nicht ausschließen, so Katrin. Sollten tatsächlich Vorteile für Geimpfte kommen, könnte sie sich allerdings vorstellen, dass sie ihre Meinung erneut überdenkt, obwohl sie die Bevorzugung von Geimpften als eine ziemlich harte Konsequenz ansieht. In ihrem Umfeld gibt es die unterschiedlichsten Meinungen, im Allgemeinen ist die Impfung aber nicht wirklich ein Thema. In Zeiten von Corona ist Katrin mehr mit sich beschäftigt, ist nachdenklicher und freut sich auf die Zeit nach der Pandemie – auch wenn sie denkt, dass es lange dauern wird, bis sich die gewohnte Normalität wieder einstellt.  

Meine letzte Gesprächspartnerin an diesem langen Tag ist die 41-jährige Natascha, die noch in ihrem Büro arbeiten kann (oder muss?). Sie spricht positiv über das Impfen und meint, es wäre grundsätzlich eine wichtige Maßnahme. Vor jeder Impfung stellt sie sich die Frage, ob die Spritze wirklich wichtig für sie sei – kann sie diese mit ja beantworten, lässt Natascha sich auch impfen. Den Corona-Impfstoff sieht sie allerdings genauso kritisch wie ihre Vorgänger. Der Corona-Ausbruch liegt gerade einmal ein Dreivierteljahr zurück, nur sechs Monate wurde am Impfstoff geforscht – zu kurz, meint Natascha. Impfen sei für sie keine moralische Pflicht, sie hat Sorge, dass man im kommenden Jahr gebrandmarkt wird, wenn man sich nicht impfen lässt. Zwar heißt es, es gäbe keinen Impfzwang – dennoch würde man sehen, wie immer mehr Restaurants oder Unternehmen interne Beschlüsse erlassen. Für Natascha kommt dieses Vorgehen einer Impfpflicht nahezu gleich.

COVID-19 Impfzentrum in Köln; © Raimond Spekking / Wikimedia Commons

Am Ende des Tages…

Alle Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sind sich in einem Punkt einig: Sie wünschen sich das Ende der Pandemie herbei. Die einen sind dabei rationaler, wollen mehr Informationen über den Impfstoff oder sind skeptisch aufgrund des beschleunigten Verfahrens. Sie möchten erst einmal abwarten, wie sich die Lage entwickelt, beobachten, wie es den Geimpften ergeht. Die anderen sind unsicher, folgen eher ihrem Bauchgefühl, das ihnen sagt: „Meine Bekannten wollen sich nicht impfen lassen, also sollte ich das auch nicht“, oder „irgendetwas erscheint mir krumm!“. Doch wenn die sehnlichst erwünschten Informationen dann schließlich vor ihrer Nase liegen, scheint es mir so, als wenn doch viel mehr Menschen bereit wären, sich impfen zu lassen oder zumindest alle Regelungen einzuhalten. Wer sich über das Virus und die Impfung noch weiter informieren möchte, sollte immer auf die Quellen achten und vermehrt auf Wissenschaftler*innen hören. Die Chemikerin und Journalistin Mai Thi Nguyen-Kim erklärt in ihrem Video, worauf man beim Quellencheck unbedingt Rücksicht nehmen sollte – denn auch Wissenschaftler*innen können irren und verwirren.

Mein Fazit aus den Interviews und der Impfdebatte: Skepsis ist legitim, denn Corona ist etwas nie Dagewesenes. Blind vertrauen, das fordert keiner, aber ohne Grund misstrauisch zu sein, ist auch nicht der richtige Weg. In diesen wirren Zeiten arbeiten Tag und Nacht Menschen daran, dass sie endlich eintritt, die Herdenimmunität – doch ein Schaf muss den ersten Schritt wagen. Und in diesem Fall lassen die jüngeren Schafe gerne den älteren den Vortritt.  

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Bildquelle: Vergleich.org; Lisa Fernando, Alberto Giuliani, Claude Truong-Ngoc, Raimond Spekking / Wikimedia Commons; CCO-Lizenz