Proteste USA

Rassismus: Und dann kam Dallas

Und das ist das Gefährliche: Dass in den USA nun die Black-Lives-Matter-Bewegung, die zum Protestmarsch in Dallas aufrief, der Mittäterschaft beschuldigt wird. Dabei zeigen erste Ermittlungsergebnisse, dass Heckenschütze Micah J. als Einzeltäter handelte. „Für mich sind vorherige Black-Lives-Matter-Proteste klar verantwortlich für das, was hier geschehen ist“, sagte Dan Patrick, Vizegouverneur von Texas, als noch unklar war, was überhaupt passiert war. Und Meinungen wie diese nehmen die Jungen gerne auf.

 

Ein Problem der heutigen Zeit

 

„Das Problem ist, dass viele der Leute, die ich kenne, sich nicht erst informieren, sondern ihr Wissen aus Fetzen zusammensetzen, die sie irgendwo gehört haben. Das ist auch in Diskussionen über den Wahlkampf so. Und das macht jede Diskussion unmöglich.“ Jojo zögert, sie sucht nach Worten, die ihre Freunde nicht in ein durchweg schlechtes Licht stellen: „Ich will nicht sagen, dass es etwas typisch Amerikanisches ist. Ich glaube eher, dass es an der heutigen Zeit liegt, in der man überhäuft wird von Informationen. Egal, ob richtig oder falsch. Es wird sich keine Meinung gebildet, sondern oft eine angenommen, die man nach Geschehnissen als erstes hört.“

Im Alltag sei das viel krasser zu bemerken als in Deutschland. „Wenn man zum Beispiel einen Schwarzen im Supermarkt sieht, der etwas ungepflegt aussieht, sagen die Leute sofort: ‚Der klaut bestimmt was.‘ Wenn er weiß ist, sagen sie: ‚Schaut nur, wie arm die Regierung US-Bürger macht.‘ Und das nur, weil Afro-Amerikaner statistisch gesehen mehr Straftaten begehen.“

 

Droht eine Katastrophe?

 

„Der Kongressabgeordnete G. K. Butterfield warnte vor „einem langen, hitzigen Sommer“, an dessen Ende ein gewalttätiger Konflikt zwischen Polizei und schwarzen Bürgern stehen könnte“, ist auf Zeit Online in einem Artikel von Daniel C. Schmidt zu lesen. Die drohende Radikalisierung kann Jojo noch nicht beobachten, sie glaubt aber auch, dass „Dallas schlimmen Ressentiments weiter fruchtbaren Boden gibt.“ Und, dass „eine Katastrophe dadurch natürlich nicht unwahrscheinlicher wird.“

Ihre Mutter will, dass sie nach Hause kommt. „Ich verstehe, dass sie Angst um mich hat, aber es wäre Blödsinn, weil gerade überall auf der Welt etwas in Bewegung ist.“ Stattdessen will sie in der kommenden Woche mit einigen Freunden an einem friedlichen Protestmarsch gegen polizeiliche Willkür und Rassismus teilnehmen. Es haben sich bereits Gegendemonstranten angekündigt. Und Jojo ahnt, dass der Moment damals im Kino von Amarillo ein Witz sein wird gegen das, was sie auf den Straßen von San Antonio zu hören bekommen wird. Und dass es nicht das letzte Mal gewesen sein wird. Ob sie ihren Bekannten zutraue, an der Gegenbewegungen teilzunehmen, frage ich sie. „Ich weiß es nicht“, sagt sie nach kurzem Zögern. Wirklich überzeugt klingt sie nicht.

 

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Bildquelle: Annette Bernhardt unter CC BY-SA 2.0 Lizenz