Dem Geheimnis stabiler Beziehungen auf der Spur
Stabile Beziehungen prägen maßgeblich unser Wohlergehen, doch warum gestalten sich manche Beziehungen komplizierter als andere? Dieser Frage haben sich US-Forschende angenommen und interessante Erkenntnisse über Bindungstypen und deren Einfluss auf Beziehungen zutage gefördert. Es stellte sich heraus, dass vor allem die Wechselwirkungen der Bindungstypen beider Partner maßgeblich für den Erfolg einer Beziehung sind.
Die drei Säulen der Bindung
Bindungsangst, Bindungssicherheit und Bindungsvermeidung bilden die drei zentralen Bindungstypen. Personen mit Bindungsangst zeigen in Beziehungen häufig Verlustängste und ein starkes Klammern. Dagegen streben bindungsvermeidende Menschen nach Unabhängigkeit und bewahren gerne Distanz. Bindungssichere Menschen hingegen haben weniger Sorgen um Zurückweisung und pflegen ein ausgewogenes Verhältnis von Nähe und Distanz. Die Wurzeln dieser Bindungstypen liegen in den frühkindlichen Erfahrungen mit den Eltern, was unsere Reaktionsmuster auf Bindungssituationen prägt, so die Erkenntnisse der Forschenden.
Einfluss auf langfristige Beziehungen
In einer von der Florida State University durchgeführten Studie wurden erstmals die Bindungstypen beider Partner in Betracht gezogen. Über einen Zeitraum von drei Jahren beobachteten die Forschenden 539 frisch verheiratete Paare. Die Tagesschau berichtete, dass laut der Studie ein Partner mit geringerer Bindungsunsicherheit stabilisierend für den anderen wirken könne. Es wurde festgestellt, dass Paare, bei denen beide eine geringe Bindungsangst aufweisen, die höchste Ehezufriedenheit und die niedrigste Scheidungsrate zeigten.
Keine klaren Ergebnisse bei bindungsvermeidenden Paaren
Interessanterweise ergaben die Untersuchungen bei Paaren, bei denen beide Partner bindungsvermeidend waren, keine signifikanten Zusammenhänge bezüglich der Ehezufriedenheit. Dieser Nicht-Befund überrasche nicht, erklärt Sonja Bröning, Paartherapeutin, da solche Paare oft erst spät Konflikte erleben, wenn die anfängliche Distanz zu einem schleichenden Auseinanderleben führt.
Die Rolle der bindungsorientierten Psychotherapie
Die Ergebnisse der Studie unterstützen die Bedeutung einer bindungsorientierten Paartherapie. Diese Therapieform kann besonders für Paare mit hoher Bindungsangst oder -vermeidung wertvoll sein, indem sie hilft, an den eigenen Bindungsstilen zu arbeiten. Oft erkennen Menschen intuitiv, zu welchem Bindungstyp sie tendieren, doch in der Therapie gehe es mehr um die Dynamik in der Beziehung als um individuelle Eigenschaften.
Alltagskonflikte und Bindungsthemen
Schließlich weist Bröning darauf hin, dass viele alltägliche Streitigkeiten oft tiefere Bindungsthemen widerspiegeln. In einer Paartherapie wird versucht, den Betroffenen die unterbewussten Prozesse bewusst zu machen. Dabei stellt sich häufig heraus, dass es in Konflikten um Wertschätzung und Unterstützung geht, nicht um banale Haushaltsaufgaben. Dies zeigt, wie komplex und tiefgreifend die Einflüsse von Bindungstypen auf Beziehungen sein können.
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