Gender is a spectrum

Was ist eigentlich geschlechtsneutrale Erziehung?

Mittlerweile achten viele Menschen auf gendergerechte Sprache, versuchen ihre Vorurteile und Rollenklischees abzulegen und arbeiten an einem Bewusstsein für mehr als die klassischen männlichen und weiblichen Geschlechteridentitäten.

Durch diese Veränderungen in der Gesellschaft gibt es neuerdings auch immer wieder Diskussionen über die sogenannte geschlechtsneutrale Erziehung. Doch was ist das eigentlich?

Das sagt die Genderforschung

Kinder werden sowohl durch ihr Geschlecht als auch ihre Erziehung geprägt. Es wird zwischen dem biologischem und dem sozialen Geschlecht unterschieden. Letzteres wird auch Gender genannt und beschreibt das durch äußere Einflüsse geprägte Geschlecht. Es wird stark von der gesellschaftlichen Norm beeinflusst und kann Kinder in ein Rollenbild hineinzwängen, welches vielleicht gar nicht zu ihnen passt.

Die Behandlung und der Umgang mit Kindern, ihrem biologischen Geschlecht „entsprechend“, beginnt bereits im Babyalter. Ob bewusst oder unbewusst, Mädchen werden anders behandelt als Jungs. Sie kommen verschiedene Geschenke, tragen verschiedene Kleidung und mit ihnen wird unterschiedlich gesprochen. Bei Babys gibt es jedoch kaum relevante Geschlechterunterschiede, diese werden erst von der Gesellschaft und äußeren Einflüssen betont. Die früheren Rollenbilder haben immer noch Einfluss auf die heutige Erziehung und können den Kindern durch ihre gesellschaftlichen oder familiären Erwartungshaltungen Schranken in ihrer Entwicklung setzen.

Was bedeutet nun diese geschlechtsneutrale Erziehung?

Kindern sollen inder geschlechtsneutralen Erziehung so wenige Geschlechterklischees wie möglich vorgelebt und beigebracht werden. Bei dieser Art der Erziehung geht es um die Entwicklung unabhängig von Stereotypen und um das Herausbilden von Interessen frei von Zwang. Es geht um die selbstständige Auswahl aus Angeboten, die Bereitstellung eben dieser Angebote und die geschlechtsunabhängige Persönlichkeit des Kindes.

Viele Eltern stellen sich schon bevor sie überhaupt wissen, welches Geschlecht ihr Kind hat vor, welche Dinge sie mit ihrem Kind unternehmen, welche Aktivitäten sie verbinden könnten und welche Beziehung sie zu ihrem Jungen oder Mädchen haben werden. Und meistens sind diese Vorstellungen eben geprägt von Rollenklischees und geschlechtsspezifischen Interessenverteillungen.

Natürlich gibt es immer noch sehr viele Kinder, bei denen das biologische und das soziale Geschlecht übereinstimmen. Jungs die nur Fußball im Kopf haben und Mädchen die Pink super finden. Und das ist auch vollkommen in Ordnung so.

Bei der geschlechtsneutralen Erziehung geht es auch überhaupt nicht darum, dass Geschlecht des Kindes zu verändern, sondern es sich unabhängig davon entwickeln zu lassen und Interessen zu finden, die glücklich machen und die nicht nur ausgeübt werden, weil die Gesellschaft es erwartet. Der Zugang zu den verschiedenen Dingen sollte gewährleistet sein, sodass sich das Kind aktiv dafür oder auch dagegen entscheiden kann.

Eltern agieren als Vorbilder für ihre Kinder und für das Verständnis von Rollenbildern. Sie leben ihren Kindern Klischees vor oder eben nicht. Die klassische Rollenverteilung von Mann und Frau in einer Beziehung ist natürlich nichts Schlimmes und es ist vollkommen in Ordnung seinen Kindern das vor zu leben, wie man natürlicherweise verkörpert. Was sollte man auch sonst tun, wenn diese Lebensweise einfach der Wahrheit entspricht?

Die geschlechtsneutrale Erziehung steht hier nur dafür, seinen Kindern zu zeigen, das andere Aufgabenverteilungen und Rollen von Mann und Frau genauso in Ordnung ist, wie die die immer noch als die „Norm“ angesehen wird.

Es gibt aber auch Formen der geschlechtsneutralen Erziehung, in denen es darüber hinaus geht. Kinder wachsen hier schon von Geburt an nonbinär auf, dürfen sich ihren Namen aussuchen und einfach die meisten Dinge schon von an Anfang an mitentscheiden.

Kritiker sagen, dass diese Formen der Erziehung Kinder verwirrt. Diese Verwirrung entstehe dadurch, dass unsere Gesellschaft nur das männliche und weibliche Geschlecht vorgebe. Es werde dem Kind eben nicht alles vorgegeben, sondern dass Kind muss selbst Entscheidungen treffen darüber treffen, wer es sein möchte. Kinder bräuchten jedoch Anleitung und Orientierung. Es sei nicht sicher, was diese Freiräume mit der Persönlichkeitsbildung der Kinder machten.

Die Außenwelt mache es Eltern schwer, die genderneutrale Erziehung aufrecht zu erhalten, sobald die Kinder in ein soziales Umfeld mit anderen Kindern geschickt werden. Sie bereite nicht aufs Leben vor, da Kinder sich über ihr Geschlecht identifizieren und dadurch einer Gruppe zugehörig fühlen.

Allerdings kann in beiden Fällen, der neutralen und der geschlechtsspezifischen Erziehung, die Frage gestellt werden, ob es den Kindern guttut. Beide Formen stülpen den Kindern etwas über und geben ihnen etwas vor. Dabei entstehen Erwartungshaltungen der Eltern an ihre Kinder.

Da diese Form der Erziehung noch sehr neu ist, gibt es wenige Ergebnisse oder Erfahrungen die zeigen könnten was passiert, wenn Kinder geschlechtsneutral erzogen werden.

Ich ganz persönlich denke, dass eine Mischung wahrscheinlich die beste Lösung darstellt. Kindern zu zeigen, dass Rollenbilder in allen Formen und Ausführungen existieren und vollkommen in Ordnung sind und trotzdem gewisse Entscheidungen für sie zu treffen.

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Bildquelle: Laker von pexels, CC0-Lizenz