Die Orsons: „Wir sind erfaxen“

Wäre „Orsons Island“ eine wirkliche Insel, sie wäre sehr bunt. Es würde sehr viel getanzt und gesprungen werden und alles hätte einen pastellfarbenen Anstrich. Klingt fast schon paradiesisch. Und wir lassen uns gerne in dieses Paradies entführen.

Jugend, Party, Ankommen und wieder Aufbrechen

Das neue Album „Orsons Island“ ist wie ein Gesamtkunstwerk konzipiert: vier aufeinander aufbauende Kapitel erzählen eine Geschichte. Eine Geschichte über Jugend, Partys, Ankommen und wieder Aufbrechen. Der Sound geht von klassischem Orsons-Party-Sound über melancholischere Stücke. Von klassischen Gitarren über moderne, digitale Elemente ist alles dabei. Im Gespräch mit ZEITjUNG verraten Bartek, Kaas und Maeckes vor ihrem Tourauftakt in München, was hinter dem Konzept für ihr neues Album steckt. Die Tourdates erfährst du hier.

 

ZEITjUNG: Wie viel von dem „punkigen Witzprojekt“, das die Orsons mal waren, steckt noch in der Band?

Maeckes: Immer noch sehr viel, aber die Blödsinnigkeit passiert hinter den Kulissen.

Bartek: Am Anfang war alles egal, wir wollten einfach nur Spaß haben. Mittlerweile albern wir auch noch herum, aber das findet vor allem abseits der Musik statt. Unsere Musik ist besser geworden und wir wollen immer besser werden.

 

Schließen sich herumalbern und gute Musik machen aus?

Maeckes: Nein, aber wenn man ein Album über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren macht, überprüft man jedes Detail doppelt und dreifach. Wenn man jedes Wort, jede Silbe und jeden Akkord nochmal durchgeht, hat es Blödsinnigkeit sehr schwer durchzukommen. Das Herumalbern schleicht sich bei uns immer mal wieder ein und schimmert auch auf dem neuen Album mal durch, steckt aber nicht mehr so krass in unserer DNA.

Euer neues Album heißt „Orsons Island“. Wo ist eure Insel?

Maeckes: Mallorca.

Kaas: Heute gut durch die Show kommen.

Bartek: Genau, das ist die Insel.

Kaas: Und dann den Hit fertig machen, den wir eben in der Garderobe angefangen haben zu schreiben. Mit dem Schweiß der Show den nächsten Hitsong ballern.

Maeckes: Das ist die Insel für heute.

Kaas: Und ne Dusche. Nach dem Hit.

 

In „Dear Mozart“ vom neuen Album fragt ihr Mozart nach seiner Meinung zu eurer Musik. Welche Meinung eines aktuellen Musikers würde euch am meisten interessieren?

Kaas: Ein total tolles Kompliment haben wir von Dendemann bekommen. Er hat gesagt, dass unser Album gemeinsam mit ‚Stadtaffe‘ von Peter Fox und ‚DIY‘ von Trettmann zu nennen ist. Von so einem tollen Künstler so gelobt und dann auch noch mit solchen legendären Platten verglichen zu werden, war wirklich der Wahnsinn.

Bartek: Positive Kritik ist von allen willkommen.

 

Gibt es jemanden, bei dem es euch egal wäre?

Bartek: Ne, der ist mir dann so Wurst, dass ich nicht mal seinen Namen sagen würde.

 

In dem zweiten Kapitel eures Albums geht es um den ‚Morgen nach der Party‘. In dem Lied ‚Sog‘ sprecht ihr von dem ‚Zauber des Vielleicht‘. Wieviel überlasst ihr als Band bei eurer Musik und euren Auftritten dem Zufall?

Bartek: Unsere Auftritte sind natürlich über die Jahre hinweg viel abgecheckter geworden. Wir schauen aber auf jeden Fall darauf, dass wir trotzdem noch ein paar Zeitfenster haben, an denen wir anarchische Elemente einbauen. Wo wir Sachen so machen können, wie sie eben kommen. Man kann dieses Fenster öffnen und sieht dann die Orsons wie sie sind, also chaotisch, blöd und durcheinander, aber trotzdem bleibt alles im Rahmen.

Maeckes: Wir dürfen uns selbst auch nicht zu früh von der Leine lassen. Deswegen bauen wir uns ein Korsett bis circa zur Hälfte der Show und danach darf alles passieren. Dann haben wir aber auch schon ne halbe Show gespielt.

 

Hängst das mit der Nervosität vor Auftritten zusammen? Ist man entspannter, wenn man sich an einen Plan klammert?

Kaas: Ne, bei mir kommt die Nervosität eher durch das Korsett. Einen festen Plan einzuhalten ist gerade am Anfang eher ein Stressfaktor. Zwar ein positiver Stress, aber trotzdem anspruchsvoll. Man muss sich konzentrieren. Wenn sich der Plan dann mal ins Unterbewusstsein eingebrannt hat und alles fließt, dann wird es echt entspannt.

 

Wo wir gerade beim Plan machen sind: das dritte Kapitel des Albums handelt von dem Aufbruch, egal wohin, Hauptsache los. Wie wichtig ist es für euch, immer in Bewegung zu bleiben?

Bartek: Total wichtig. Ich finde, man sollte sich immer mit neuen Dingen konfrontieren. Ich habe zum Beispiel dieses Jahr das Gehen für mich entdeckt – einfach lange Strecken gehen. Kopfhörer rein und los, das ist total geil. Außerdem sollte man immer wieder neue Dinge lesen, um frische Eindrücke bei jedem neuen Album oder Projekt einfließen zu lassen. Eben nicht sagen: ‚Das hat funktioniert, lass uns das genauso nochmal machen‘. Das hätten wir auch machen können, nur noch ‚Schwung in die Kiste‘-Songs, aber das wollten wir explizit nicht. Wir sind für die Albumproduktion erstmal weggefahren, Neues sehen. Und dann entstand die Musik sehr organisch, nur Gesang und Gitarre. Das hört man im letzten Kapitel unseres Albums auch raus.

 

Im letzten Kapitel geht es um die Ankunft, feste Beziehung, Zukunftspläne. Werden die Orsons erwachsen?

Bartek: Eine Ankunft ist immer temporär und ist in jeder Lebensphase anders. Das Album hört mit einem Loop auf, beginnt also am Ende quasi von vorne. Man kommt immer woanders an und die Ankunft ist auch immer anders. Aber wer sich selbst hinterfragt, reflektiert und verbessert, kommt immer an eine Insel, an Orsons Island.

(Maeckes lacht)

Bartek: Lach nur.

Maeckes: Ja, wir sind sehr erwachsen.

Kaas: Sehr erwachsen.

Bartek: Wir sind erfaxsen.

Kaas: Ankunft ist, sich ein Ziel zu setzen und zu erreichen. Ich beispielsweise habe mich mit meiner neu entdeckten Introvertiertheit beschäftigt. Sie kennenzulernen, zu lernen, was sie bedeutet und sie auch zu akzeptieren, war für mich die Reise zum Album. Jetzt habe ich dieses Thema abgehakt und die nächste Herausforderung kann kommen. Wir sind also erwachsen, jetzt muss man sehen, wie man reif wird.

Bartek: Aber bitte nicht bis zum Letzten erwachsen werden. Das darf man nie vergessen! Ein Bauklotz sollte nie ein Bauklotz sein. Bei Kindern ist ein Bauklotz eine Brücke, über die Züge fahren, und zwei Minuten später ist der Klotz ein Pferd. So muss man denken. Wenn man dann irgendwann sagt, das ist ein Bauklotz und fertig, dann bist du erwachsen – aber hast keine Seele mehr.

 

Also nimmt einem das Erwachsensein die Kreativität?

Bartek: Also bei mir wäre das so.

Kaas: Dieses Klischee-Erwachsensein schon. Aber der Begriff ‚erwachsen‘ ist auch wieder ein Bauklotz. Man muss sich Neugier und Lernwillen beibehalten.

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Bildquelle: Universal Music