„Divine Feminine“: TikTok-Trend will Geschlechterrollen wieder cool machen

Auf TikTok und Instagram macht ein neuer Self-Care-Trend die Runde: „Divine Feminine“. Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass dieser Trend subtil patriarchalische Werte zementiert.

Disclaimer: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Meinungsbeitrag, der subjektive Standpunkte der Autorin enthält.

Während das vergangene Jahr von zahlreichen Schlagwörtern beherrscht wurde, die im Internet kursierten und versprachen, die eigene Realität zu verbessern – ganz zu schweigen von unzähligen ästhetischen Trends wie „clean girl“ und „that girl“ – haben sich nun die Begriffe „divine feminine“ und „divine masculine“ durchgesetzt.

Zwar befürwortet dieser Trend ein Umdenken, das die Selbstfürsorge in den Vordergrund stellt. Doch auch an dem neuesten Self-Care-Trend kann man einiges sehr kritisch sehen – vor allem, was die darin proklamierten Gender-Rollen angeht.

Was steckt hinter dem „Divine Feminine“- Trend?

„Divine Feminine” (zu deutsch: „göttliche Weiblichkeit“) ist die spirituelle Vorstellung, dass jede Person mit bestimmten Energien geboren wird: nämlich mit einer femininen und einer maskulinen Energie, die Teil einer größeren Macht sind.

Doch was genau ist die „göttlich“ weibliche oder männliche Energie im Menschen? Weibliche Energie wird in diesem Zusammenhang hauptsächlich dem Sein, dem Fühlen, dem Ausdrücken, dem Empfangen und dem Folgen zugeschrieben – oder einfach ausgedrückt: der Passivität. Die männliche Energie hingegen wird durch Handeln, Denken, Analysieren, Entscheiden und Führen definiert.

Im 21. Jahrhundert hat die Idee des göttlich Weiblichen auf TikTok und Instagram eine Renaissance erlebt. 

Dieser neue Trend spiegelt den wachsenden Wunsch der Nutzer*innen wieder, den Druck der Hustle-Culture abzulehnen und ein Leben frei von ständigem Kampf und Stress zu führen. Wenn es uns schlecht geht, so gibt es den Verfechter*innen dieser Theorie zufolge nämlich eine ganz einfache Erklärung dafür: Unsere Energien sind aus dem Gleichgewicht geraten. Mit anderen Worten: Um ein Gleichgewicht herzustellen, sollen Frauen still und unsichtbar sein, keinen Raum einnehmen und ihre Stimme nicht erheben.

Wenn man bedenkt, dass Generation Z und Millennials die traditionellen Geschlechterrollen oft für überholt halten, sind diese Aussagen auf von Jugendlichen dominierten Plattformen wie TikTok und Instagram überraschend. Und dennoch hat der Hashtag #DivineFeminine allein auf TikTok bereits 1,6 Milliarden Aufrufe generiert.

Unter dem Hashtag sind auch Dating-Tipps zu finden, die sich der Energielehre widmen. Bei genauerem Hinsehen fällt hier auf, dass die Nutzer*innen, die erklären, welches Verhalten beim Daten an den Tag gelegt werden sollte, in der gleichen Schiene zu sein scheinen wie Dating-Coaches, die Andrew Tate vergöttern und in ihren Videos das Alpha-Mindset als einzig akzeptable Form anpreisen, um ein „richtiger“ Mann zu sein.