„Durch Catcalling fühlen sich Täter mächtig“ – Interview mit Aylin von Catcallsofaugsburg
Am 7.12. wurde in Augsburg eine rassistische Ankreidung mit einem Großaufgebot abgewaschen, da sich Passanten gestört fühlten. Was geht in dir vor, wenn du so etwas mitbekommst?
„Ich habe dafür keine Worte. Die Polizei hat sogar eine Pressemitteilung veröffentlicht. Ich habe kein Verständnis für die Polizei und dafür, wie sie sich gerechtfertigt hat. Die Passant*innen haben sich vom Schriftzug auf dem Boden gestört gefühlt, aber sich nicht damit beschäftigt, weshalb er dort steht. Wir haben den Spruch klar gekennzeichnet, eine „Triggerwarnung“ vorgeschoben und den Hashtag #Rassismusbekämpfen dazugeschrieben. Die Aktion der Polizei fand unserer Meinung also auf keiner vertretbaren Grundlage statt. Viel eher deckt sie Missstände in staatlichen Institutionen auf, die auf sexistische und rassistische Strukturen zurückzuführen sind.
Auszug aus der besagten Pressemeldung: Dies war aufgrund der Formulierung für viele Passanten ohne Hintergrundwissen zur Initiative „Catcalls of Augsburg“ aber so nicht zu erkennen; vielmehr war aus Sicht der Beamten, der ich mich an dieser Stelle anschließe, nachvollziehbar, dass zahlreiche Passanten den Schriftzug als sexistisch und rassistisch motiviert missverstanden. Aufgrund dieses Umstandes lag eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vor, so dass auf Grundlage des Art. 11 Abs. 1 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) zur Vermeidung weiterer Störungen die Beseitigung des Kreideschriftzugs angeordnet wurde, die dann durch die Berufsfeuerwehr Augsburg erfolgte.
Gibt es etwas, das jeder Mensch aktiv gegen Catcalling tun kann?
„Am wichtigsten ist es, denke ich, als Beobachter*in einzugreifen, wenn einem eine Situation komisch vorkommt. Man kann einfach auf die betroffene Person zugehen und fragen, ob alles in Ordnung ist. Hingehen und nachfragen ist also sehr gut. Dann gilt – leider – auch der Spruch: „use your male privilege to end male privilege“. Also als Mann einzuschreiten, sich zu äußern und auf den Missstand hinzuweisen ist sehr wichtig, auch im Freundeskreis. Ansonsten gibt es eine Petition von der Studentin Antonia Quell, die sich dafür einsetzt, Catcalling strafbar zu machen. Denn das ist es noch nicht. So kann auch die Politik helfen, Catcalling zu bekämpfen.“
„use your male privilege to end male privelege.“
(AYLIN VON CATCALLSOFAUGSBURG)
Wie stellst du dir eine ideale Welt vor?
„Mmh, schwierig. Es gibt so viel. Aber eine ideale Welt ist für mich eine, in der jeder Mensch gleich behandelt wird. Egal welches Geschlecht, egal welche Sexualität oder Hautfarbe. Dabei finde ich schwierig, wenn Menschen sagen, sie sehen keine Unterschiede zwischen Menschen, wie z.B. zwischen Frauen und Männern, oder der Hautfarbe. Es ist zu einfach gedacht. Es gibt strukturelle Unterschiede, die eben durch die Gesellschaft geformt sind. Es muss also noch viel getan werden, um diese ideale Welt zu erreichen. Aber Gleichberechtigung ist mir sehr wichtig – und eine klimagerechte Welt.“
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Bildquelle: @catcallsofaugsburg, Instagram