Aylin vpn Catcallsofaugsburg

„Durch Catcalling fühlen sich Täter mächtig“ – Interview mit Aylin von Catcallsofaugsburg

Was glaubst du wurde bei dir „richtig gemacht in deiner Kindheit und Jugend? Oder anders gesagt – gab es bestimmte Wegweiser, sodass du für das Thema sensibilisiert wurdest? 

„Schwierig zu sagen. Ich denke schon, dass es grundsätzlich in meinem Naturell liegt, Ungerechtigkeit zu thematisieren und mich zu äußern, wenn etwas schiefläuft (Aylin war auch schon sehr aktiv bei Fridays for Future in Augsburg, Anm. d. Red.). Aber auch meine Eltern haben mich in dem, was ich gemacht habe, immer unterstützt, das kommt auch noch dazu.“ 

Falls Catcalling auftritt – wie können Opfer sich dem entgegensetzen? Gibt es Tipps für solche Situationen? 

„Grundsätzlich sind nie die Betroffenen schuld. Etwas anders zu machen, müsste in der Erziehung oder Schule anfangen. Denn Grenzen-missachtendes Verhalten von Jungen gegenüber Mädchen ist schon in der Grundschule zu finden. Wie verhält man sich richtig? Das müsste beigebracht werden, um etwas so tief Verankertes zu ändern. Aber fürs Erste können uns die Betroffenen eben schreiben, was passiert ist – wir antworten für sie. So können sie ihre Macht über die Situation irgendwie zurückbekommen, denn in der Situation selbst kann man oft nicht reagieren.“

„Grundsätzlich sind nie die Betroffenen schuld. Etwas anders zu machen, müsste in der Erziehung oder Schule anfangen.“

(Aylin von catcallsofaugsburg)
Wie haben dein Umfeld, Freunde oder deine Familie auf dein Vorhaben reagiert? Gab es auch negative Reaktionen und Unverständnis? 

„Es gab viel positives Feedback. Aber auch in meinem Umfeld gibt es Menschen, die für das, was wir machen, wenig Verständnis haben. Das sind meistens Männer, die eben vieles nicht wirklich nachvollziehen können und solche Situationen auch nicht kennen. Um wirklich zu ihnen durchzudringen, muss man alles sehr nett verpacken und erklären, damit sie sich nicht „angegriffen“ fühlen und dann sauer werden. Ein solches Verhalten kann man auch der „Male Fragility“ , zuschreiben. Viele verstehen es als Angriff und es steckt viel Emotionalität dahinter. „Nicht alle Männer betreiben Catcalling”, das stimmt, aber Catcalling kommt eben von Männern. Was oft passiert, ist die Täter-Opfer-Umkehr. Dann ist plötzlich das Opfer schuld, soll die Situation „provoziert“ haben. Das nennt man auch „Victim-Blaming“.  Schon seltsam. Ich muss aber sagen, dass es – leider – immer noch so ist, dass es am meisten bringt, wenn Männer das Thema vor Freunden ansprechen oder Freunde auf Fehler hinweisen. Dann wird der Thematik mehr Glauben geschenkt.  

„Was oft passiert, ist die Täter-Opfer-Umkehr. Dann ist plötzlich das Opfer schuld, soll die Situation „provoziert“ haben.“

(AYLIN VON CATCALLSOFAUGSBURG)