Eagles Of Death Metal Paris

Eagles of Death Metal in Paris: Wie der Auftritt für die Veränderung in uns steht

Gute drei Monate ist es jetzt her, dass mutmaßliche IS-Terroristen während eines Konzerts der Eagles Of Death Metal den Club Bataclan stürmten und 89 Menschen erschossen. Bei den Anschlägen an insgesamt acht verschiedenen Orten wurden 130 Menschen getötet und 97 schwer verletzt. Gestern Abend ist die Band erneut in Paris aufgetreten, um ihr Konzert zu Ende zu bringen, wie sie es kurz nach dem 13. November erklärt hatte.

Seitdem gab es elf weitere Anschläge in Bosnien und Herzegowina, der Türkei, Somalia, Ägypten, Indonesien, Pakistan, Indien und Burkina Faso. Alle ausgeführt von angeblichen Islamisten. Seitdem verfolgt uns der Terror täglich in den Medien. Terrorwarnungen in Brüssel und München, die Silvesternacht in Köln, die vielen Terrorattentate in afrikanischen Ländern, die so oft unter unserem Radar bleiben – Meldungen über Anschläge und andere Gewalttaten sind eigentlich durchgehend präsent.

Was hat sich seitdem in uns verändert? Das ist eine der Fragen, die man wohl mit „Alles, aber auch nichts“ beantworten kann.

 

 

„Ich möchte den Terroristen keinen Einfluss auf mein Leben geben“

 

Dass die Stimmung sich ändert, ist spürbar. Auch, dass sie sich in zwei entgegengesetzte Richtungen entwickelt. Was sich deutlich abzeichnet, ist die positive Einstellung, die trotz allem beim Großteil von uns vorhanden ist. Wir wissen, dass es die Islamisten auf unseren westlichen Lebensstil abgesehen haben und sind entschlossen, dass wir nichts an unserem Leben ändern wollen, auch wenn uns ein Terror-Experte nach dem anderen im Fernsehen erklären will, dass wir alle in Gefahr sind.

Wir wollen uns nicht unterkriegen lassen und haben den Solidaritätsgedanken zumindest auf dem Schirm, auch wenn Peace-Zeichen und Flaggen-Filter eher dem eigenen Online-Ego helfen als irgendwem anders. Auch wenn Bauwerke, die in den Farben der Trikolore beleuchtet werden, und Schweigeminuten, die während Konzerten gehalten werden, keine bahnbrechenden Veränderungen oder Demonstrationen darstellen, zeigen sie doch eine Art Verbundenheit in der Gesellschaft. Sie zeigen, dass wir zu unserem Lebensstil stehen und weiter zu Konzerten, in Clubs oder in Cafés gehen.

 

„Ich habe keine Angst, ich bin seitdem wieder auf Konzerten gewesen.“

 

Der Spiegel hat die Besucher der Eagles Of Death Metal-Show gestern in Paris gefragt, wieso sie sich entschieden haben, das Konzert zu besuchen. Neben Angehörigen von Opfern wurde auch ein Mann fotografiert, der am 13. November selbst im Bataclan war. „Ich war damals im Bataclan und bin über das Dach entkommen. Ich habe keine Angst, ich bin seitdem wieder auf Konzerten gewesen. Heute bin ich hier, um das Konzert vom Bataclan zu beenden. Ich möchte den Terroristen keinen Einfluss auf mein Leben geben. Ich werde es weiterhin so leben wie gewohnt“, wird er zitiert. Ein anderer begleitet seinen Sohn zur Show, der ebenfalls im November unter den Konzert-Gästen war. „Mein Sohn war im Bataclan. Er ist einer von denen, die von der Band zu diesem Konzert eingeladen wurden. Er hat mich gebeten mitzukommen. Er möchte dieses Ereignis mit mir teilen. Für ihn ist es wichtig, dabei zu sein – auch als eine Art Therapie.“

Auch die 17-jährige Anna ist aus einem bestimmten Grund gekommen: „Ich hatte Karten für das Bataclan und hatte sie einem Freund geschenkt. Er ist unter den Opfern. Ich habe mehrere Freunde im Bataclan verloren. Ich bin hier für meine toten Freunde. Ich empfinde immer noch sehr viel Trauer und Schmerz“. Man merkt den Zitaten an, dass trotz aller Trauer auch viel Mut bei den Besuchern des Konzertes mitschwingt und irgendwie ist auch eine Art Kampfgeist zu spüren.

Diese Stimmung ist auch in Deutschland spürbar, könnte man meinen. Es gibt kaum jemanden unter uns, der wegen der Anschläge nicht mehr in Clubs, Bars oder Cafés geht, der Konzerte meidet oder nicht mehr ins Stadion geht. Der keine öffentlichen Verkehrsmittel oder Flugzeuge mehr benutzt oder nicht mehr in den Urlaub fährt. Ob das jetzt aus Protest gegen Terroristen, Islamisten oder den IS so ist, ist jedoch fraglich. Viel eher liegt es wohl daran, dass wir die Anschläge inzwischen zwar nicht vergessen haben, der Schock und die Betroffenheit wohl aber doch wieder dem Alltagstrott gewichen sind. Aus welchen Gründen auch immer: Wir leben unser Leben genauso weiter wie bisher und sind nicht bereit, uns das von Attentätern und Terrormeldungen nehmen zu lassen.

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„Solange irgendjemand Waffen hat, sollten alle Menschen Waffen haben“

 

Von Friede, Freude, Eierkuchen zu sprechen und zu behaupten, wir würden alle mutig und positiv in die Zukunft blicken, wäre allerdings gelogen. Die Angst in unserer Gesellschaft ist durchaus zum präsenten Thema geworden. Laut einer Umfrage, die kurz vor den Anschlägen in Paris veröffentlicht wurde, haben 52 Prozent der Deutschen Angst vor Terror, wie der Focus berichtete. Diese Zahl dürfte nach der Nachrichtenschwemme über Paris, Brüssel, München oder Köln wohl deutlich angestiegen sein. Die Zahl der Menschen, die einen kleinen Waffenschein besitzen, hat sich explosionsartig verdoppelt, immer mehr Menschen legen sich Pfeffersprays und Schreckschusswaffen zu. Das Bedürfnis nach Verteidigung wird also scheinbar immer präsenter.

Die Idee mit den Waffen findet scheinbar auch Jesse Hughes, der Frontsänger der Eagles Of Death Metal ganz gut. In einem Interview mit dem französischen TV-Sender iTELE erkläre der sichtbar mitgenommene Hughes, dass jeder eine Waffe besitzen sollte. „Ich glaube, das Einzige, was es stoppte, waren einige der mutigsten Männer, die ich jemals gesehen habe, die mit dem Kopf voraus mit ihrem Waffen in das Angesicht des Todes gestürmt sind“, sagt Hughes im Interview. „Hat eure französische Waffenkontrolle irgendeine Person davor bewahrt, im Bataclan zu sterben? Solange irgendjemand Waffen hat, sollten alle Menschen Waffen haben“.

 

Nach den Anschlägen hat sich weniger in unserem Verhalten geändert als in unseren Köpfen

 

Der konservative Republikaner und Trump-Sympathisant Jesse Hughes ist durch diese Aussage zu einer Art Sinnbild einer der vielen negativen Veränderungen geworden, die der Terror auf unsere Gesellschaft hat. Plötzlich ist unsere Einstellung zu Waffen nicht mehr ganz so eindeutig und das amerikanische Ideal des Rechtes auf Selbstverteidigung durch Waffen scheint nicht mehr ganz so fragwürdig. Wenn aber Waffen unsere Antwort auf Terroristen sein sollen, endet das dann nicht in einer viel erschreckenderen Zukunft, als sie sowieso schon von so vielen Leuten prophezeit wird?

Nach den Anschlägen hat sich weniger in unserem Verhalten geändert als in unseren Köpfen. Das Bewusstsein, dass ein Anschlag jederzeit und überall stattfinden kann, hat viele von uns zum Nachdenken gebracht. Bis jetzt äußert sich das aber meistens nur im Pfefferspray, das wir in der Handtasche haben, in Gesprächen oder Facebook-Posts, darüber, wie viel Angst wir haben oder in den Leuten, die diese Angst ausnutzen, um mit ihrer Panikmache für fünf Minuten ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Diese Veränderung ist aber noch lange nicht abgeschlossen und es bleibt abzuwarten, wohin sie sich schlussendlich entwickelt.

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Bildquelle: Instagram/ @eodmofficial; @lemondefr