„Enemies to Lovers“: Warum verlieben wir uns in Menschen, die wir hassen?

Unsere Sehnsucht nach Versöhnung

„Enemies to Lovers“ verkörpert auch eine Fantasie der Versöhnung und des Vergebens. Es symbolisiert die Hoffnung, dass selbst in den schwierigsten Situationen Liebe und Verbindung möglich sind. Diese Botschaft von Vergebung kann tief berührend sein und uns ein Gefühl von Hoffnung und Trost vermitteln. Etwas, was wir vielleicht unterbewusst auf unser eigenes Liebesleben projizieren. Oder etwas, was wir uns aus tiefstem Herzen wünschen: trotz unserer Fehler bedingungslos geliebt zu werden. Gerade Menschen in toxischen Beziehungen oder mit Eltern in einer toxische Beziehung könnte dieses Genre daher ansprechen. Es ermöglicht uns, von einer Welt zu träumen, in der Liebe alle Konflikte lösen kann. Das Klischee ermöglicht es den Leser*innen, romantische Sehnsucht zu erleben – eine dringend notwendige Flucht aus unserem täglichen, eintönigen Leben. Oft dramatisch, befriedigend und manchmal tragisch, ist es kein Wunder, dass wir unausweichlich von diesem Klischee angezogen werden.

Verharmlosung toxischer Beziehungen

Obwohl das „Enemies to Lovers“-Genre auf den ersten Blick spannend und fesselnd sein kann, birgt es auch die Gefahr, Missbrauch und toxische Beziehungen zu romantisieren. Immerhin ist es unausweichlich, dass eine Beziehung, die mit zwei Personen beginnt, die sich hassen, auch einige dunkle Seiten haben wird. Missbrauch oder genauer gesagt die Romantisierung von Missbrauch war schon immer ein kontroverses Thema unter den Fans dieses Genres. Manchmal beinhaltet dieses Genre ein Ungleichgewicht in den Machtverhältnissen, glorifiziert „böse“ Charaktere, hitzige Streitigkeiten, Mobbing oder sogar psychischen, emotionalen oder verbalen Missbrauch. Werke populärer Jugendbuchautorinnen wie Holly Black und Colleen Hoover haben aufgrund dieser Problematik viele Kontroversen ausgelöst. Es gibt sogar einen Running Gag unter den Fans, dass Menschen, die dieses Genre mögen, Therapie benötigen.

Es ist daher entscheidend, dass Autor*innen sich dem schmalen Grat bewusst sind und Missbrauch als das behandeln, was er wirklich ist, anstatt ihn als „Liebe“ zu verherrlichen. Am wichtigsten ist es, dass junge Fans zwischen Fiktion und Realität unterscheiden können. Nur weil etwas auf dem Bildschirm oder in Büchern akzeptabel erscheint, bedeutet das nicht, dass es im echten Leben in Ordnung ist. Seid daher vorsichtig, in welchem Maße ihr dieses Genre genießt und seid euch immer bewusst, dass Beziehungen in der echten Welt keine emotionale Achterbahn sein müssen, um spannend und gut zu sein. Liebe und Hass können unter gesunden Umständen nicht koexistieren.

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Bildquelle: George Coletrain via Unsplash; CC0-Lizenz