Entscheidungen treffen: Warum es uns Angst macht und was man dagegen tun kann
Tagtäglich treffen wir eine Vielzahl an Entscheidungen, oft unbewusst. Doch nicht jede Entscheidung geht so leicht von der Hand: Der dringend nötige Friseurbesuch kann zur Herausforderung werden, weil uns der neue Haarschnitt vielleicht gar nicht gefällt. Womöglich quält ihr euch auch in eurem aktuellen Job, weil ihr Angst davor habt, eure Kündigung einzureichen. Doch was genau hält uns zurück?
Die Übeltäterin nennt sich treffend „Entscheidungsparalyse“: In manchen Fällen stehen wir nämlich wie gelähmt da und wollen uns lieber gar nicht entscheiden, als uns vielleicht falsch zu entscheiden. Eher bleiben wir da beim aktuellen Stand der Dinge, als etwas zu ändern – selbst dann, wenn die Wahl eigentlich ganz klar ausfallen sollte.
Es sind nicht die Entscheidungen an sich, die Angst machen
Bleiben wir mal beim Beispiel mit dem Beruf: Wenn wir tatsächlich den Entschluss fassen, diesen zu kündigen (was bei langanhaltender Unzufriedenheit dringend anzuraten ist), sind wir erst einmal arbeitslos. Allein das ist schon ein Gedanke, der Angst machen kann. Dann folgen weitere Gedanken: Was, wenn der neue Job noch schlimmer ist – oder wir gar keinen neuen finden? Da behalten wir lieber das, was wir bereits haben, anstatt am Status quo zu rütteln und womöglich etwas zu verlieren. Unsicherheit ist eines dieser Gefühle, das wir überhaupt nicht abkönnen.
Oft ist es die Angst vor Veränderung, die uns zurückhält – oder die Angst, eine Fehlentscheidung zu treffen. Nicht immer zu Unrecht, denn der Sprung ins Unbekannte birgt natürlich auch immer Risiken, die wir abwägen sollten. So ist die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg, wenn du alles hinschmeißt, um YouTuber*in oder Insta-Model zu werden, verschwindend gering. In vielen Fällen tendieren wir jedoch dazu, uns zu viele Gedanken zu machen oder immer vom schlimmstmöglichen Ergebnis auszugehen – völlig gleich, ob dies verhältnismäßig ist oder nicht.
Manchmal braucht es Mut zur Entscheidung
Nicht jede Entscheidung muss erst lange überdacht werden. So endet ein Friseurbesuch selten in einer absoluten Vollkatastrophe, also ruhig zu! Ein Jobwechsel ist da schon riskanter, unter Umständen aber das Risiko wert oder sogar unabdingbar. Steckst du in einer Beziehung fest, die dich unglücklich macht, die du aber aus Angst vorm Alleinsein nicht beenden willst? Dann solltest du dir bewusst machen, was die Ursache fürs fehlende Glück ist. Viele Beziehungen lassen sich retten, manche aber nicht. Auch hier solltest du dich nicht von Angst lähmen lassen.
Entscheidungen schnell zu treffen, anstatt endlos zu grübeln, lohnt sich – meint zumindest Gerd Gigerenzer. Er ist Experte für Risikokompetenz und plädiert dafür, öfter auf die eigene Intuition zu vertrauen.
Als Gigerenzer in den 90er-Jahren an die University of Chicago berufen wurde, suchte er sich binnen eines Tages ein Haus aus und kaufte es. „Ich brauchte nur einen Nachmittag, bis ich mich entschieden hatte“, erklärt er im Interview mit der ZEIT. „Ich rief meine Frau in Deutschland an und fragte: Vertraust du mir?“ Sie bejahte und die beiden hätten diese Entscheidung nie bereut, sagt er. Wer immer nur nach maximaler Sicherheit strebt und gar keine Risiken eingehen will, entscheide sich am Ende nur dazu, nichts zu tun.
Von außen ist das alles natürlich leichter gesagt als getan. Schließlich mutieren wir alle immer dann zu Expert*innen, wenn nicht wir selbst die Konsequenzen tragen müssen. Darum kann das hier auch kein allgemeingültiger Ratgeber für alle Entscheidungen des Lebens sein – so verlockend es auch wäre, so einen zu besitzen. Auch Gigerenzer sagt: „Es gibt kein Entscheidungsgen“ – niemand ist von Geburt an besser im Treffen von Entscheidungen als andere. Es ist eine Frage des Lernens und wer sich dem Prozess häufiger stellt, wird auch besser darin.
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