Events ohne Grenzen: Wie man Barrieren in der Verständigung abbaut 

Einander wieder persönlich begegnen auf Konferenzen, Veranstaltungen und Festivals – danach haben sich viele nach dem Ende der Pandemie gesehnt. Doch eine Begegnung heißt nicht automatisch, dass sich auch alle verstehen und gleiches Mitspracherecht haben. Gerade in Event-Hochburgen wie der deutschen Hauptstadt Berlin gibt es aktuell noch viele Barrieren. Mit dem „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“ werden diese hoffentlich bald fallen – Unternehmen und Dienstleister sollten sich also so bald wie möglich mit dem Thema befassen und sich auf die neue hürdenlose Zeit einstellen. 

Für die Special Olympic World Games ging es dieses Jahr vom 17. Bis 25. Juni nach Berlin. Und nicht nur Athleten, Helfende und Zuschauer:innen zog es dafür nach Berlin. Sondern auch zahlreiche Kongressteilnehmer:innen und Messebesucher:innen aus Deutschland und dem Rest der Welt. Die Stadt an der Spree ist deutscher Spitzenreiter bei großen Veranstaltungen und Konferenzen – und im Europavergleich die starke Nummer drei hinter den führenden Tagungsdestinationen Paris und Lissabon. 2018 wurden noch mehr als 143.000 offizielle Veranstaltungen in Berlin gezählt. Noch wird diese Zahl nach dem Einbruch der Lockdown-Zeit vielleicht nicht ganz erreicht sein. Doch in Kürze dürfte die alte Bestmarke überschritten werden. 

Berlin: Eventhochburg – aber auch barrierefrei und inklusiv? 

Für die deutsche Hauptstadt spricht mitunter die gut ausgebaute Infrastruktur vor Ort, die auf große Mengen von Besucher:innen hin ausgerichtet ist. Dazu gehören etwa nach Angaben der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH eine Hotellandschaft mit mehr als 138.200 Betten, eine der weltweit zehn größten Messegesellschaften, ein eigenes Messegelände am Berliner Funkturm mit 27 Messehallen und multifunktionalen Messe- und Kongresshallen sowie führende internationale Fachmessen – von der Internationalen Funkausstellung über die Internationale Tourismusbörse und die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung bis hin zum World Health Summit. Völlig berechtigt ist auch Berlin der Sitz des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (AUMA). 

Die Tagungs- und Kongressbranche ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor für Berlin: Mit einem Gesamtumsatz von mehr als 2,6 Milliarden Euro stellte sie 2018 mehr als 44.100 Arbeitsplätze. Über acht Millionen Hotelübernachtungen wurden laut Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie auf diese Weise generiert, das ist ein Viertel aller Übernachtungen in Berliner Hotels. Für Platz ist demnach gesorgt, doch wie sieht es um Barrieren aus? Diese Frage stellt sich auch im Rahmen der einzelnen Events – vor allem was die Verständigung angeht. 

Barrierefreiheit hat ganz verschiedene Facetten 

Die Eventbranche liefert starke Zahlen, die von den zahlreichen politischen und wissenschaftlichen Konferenzen mit Gästen aus aller Welt noch gesteigert werden. In Berlin trifft sich die Welt. Es bleibt jedoch die spannende Frage: Versteht sie sich dabei auch? In der Praxis scheitert die Inklusion bei so manchen Konferenzen daran, dass die Menschen eben doch nicht eine Sprache sprechen, oder die Übersetzungstechnik vor Ort hapert. Hinzukommen neben der allgemein bekannten zwischensprachlichen Hürde weitere Barrieren für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, etwa beim Sehen und beim Hören. 

Berlin: Eine Weltstadt im Sprach- und Barrierefreiheitsdilemma der Konferenzkultur. Bild: Freepik, rawpixel.com 

Rund drei Millionen Veranstaltungen finden jedes Jahr in ganz Deutschland statt. Davon ist jedoch aktuell nur ein Bruchteil für alle Menschen gleichermaßen zugänglich. Und das gilt nicht nur für Rollstuhlnutzer:innen: Barrierefreiheit hat ganz viele Facetten. Gerade, wenn es auf die feinen Details in der zwischenmenschlichen Verständigung ankommt, bauen sich schnell Hürden auf. Hürden, die mithilfe klassischer Übersetzungssoftwares oder auch dem Einsatz neuartiger Künstlicher Intelligenz nur bedingt gut überwunden werden können. 

Sich verstehen erfordert mehr als das reine Übersetzen 

Anders gehen daher die Kommunikations- und Dolmetschprofis von Orelon vor. Gründerin Nina Cisneros Arcos sagt: „Wir brennen dafür, Menschen miteinander zu verbinden. Damit das auch gelingt, wenn sich Muttersprache oder körperliche Voraussetzungen unterscheiden, sind wir Expertinnen und Experten für mehrsprachige und barrierefreie Veranstaltungskommunikation geworden“. In der Unternehmens-DNA steckt die Initiative, Veranstaltungen, Events und Bildung für alle zugänglich zu machen und die Inklusion im Sinne der gesellschaftlichen Vielfalt und Mitsprache zu sichern. 

Den Inhalt des Gesagten auf angenehm und verständlich Weise in die andere Sprache zu übertragen. © Nina Cisneros Arcos 

Die Spanisch- und Französisch-Konferenzdolmetscherin hat das Unternehmen mit Sitz in Brandenburg aus der Erfahrung heraus gegründet, dass es für eine gelungene Kommunikation wesentlich mehr braucht als die saubere, technisch korrekte Übersetzung von einer Sprache in die andere. Was dazukommen muss, ist der Blick für die Details, das Menschliche und vor allem das Zwischenmenschliche. Das Sprach-Start-up Orelon hat sich daher neben dem Dolmetschen auch auf die Live-Untertitelung und Gebärdensprache auf Konferenzen, Events und Bildungsveranstaltungen spezialisiert. Neben dem Deutschen Bundestag vertrauen bereits unter anderem das Auswärtige Amt, das Goethe-Institut sowie Außenhandelskammern auf die Dienste. 

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt zeitnah für die Wirtschaft in Kraft 

Auch Unternehmen und Dienstleister außerhalb der Eventbranche sollten sich zunehmend mit dem Thema „barrierefreie Kommunikation“ auseinandersetzen. Denn Mitte 2025 wird es ernst: Dann greifen die Regelungen des „Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen an Produkte und Dienstleistungen“. Das „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“, kurz BFSG, verfolgt das Ziel einer inklusiven Gesellschaft, „in der alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können – in Deutschland und in Europa“. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin, so die Politik, ist die Barrierefreiheit. 

Sie gilt für alle Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 in Verkehr gebracht werden: Hardware für Computer, Selbstbedienungsterminals zum Beispiel in Supermärkten oder Banken, Automaten für den Kauf von ÖPNV-Tickets oder auch Check-in-Terminals an Flughäfen und Bahnhöfen. Das Gesetz gilt auch für elektronische Lesegeräte, für Webseiten, für Dienste auf mobilen Endgeräten. Letztlich gilt es für praktisch alle Kommunikationsformen, bei denen Unternehmen oder Verbände mit Bürgerinnen und Bürgern, mit Verbraucherinnen und Verbrauchern kommunizieren. Und damit auch und gerade für Kongresse, Tagungen oder Messen. 

Bis 2025 ist es nicht mehr weit, wenn man bedenkt, welche Schritte und Veränderungen bis dahin noch notwendig sind. Spezialisierte Dienstleister wie Orelon stehen jedenfalls schon in den Startlöchern. Die Nähe zum Messe-Mekka Berlin spielt dem Brandenburger Startup dabei in die Karten. 

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