#FragenNachZahlen mit Simon Pearce: „Worüber machst du keine Witze?“

Simon Pearce ist Schauspieler, Kabarettist und ein Kind vom Dorf. 1981 geboren, wuchs er als Sohn eines Nigerianers und einer Deutschen in Puchheim auf. Von seiner Zeit als „einziger Schwarzer im Dorf“ erzählt er vor allem im Soloprogramm „Allein unter Schwarzen“, zurzeit geht’s in „Pea(r)ce on Earth“ um Ängste aller Couleur. ZEITjUNG hat ihn für ein Interview getroffen.

 

ZEITjUNG.de: Du sitzt heute zum Glück hier, weil das mit dem Sportstudium nicht so ganz funktioniert hat. Unter anderem wegen einer „Schultereck-Gelenkssprengung mit Klaviertastenphänomen“. Wer sich so kreativ verletzt, muss ja fast Komiker werden, oder?

Simon: Ja, vor allem, wenn man weiß, wie das passiert ist. Ich hab‘ mir das ja nicht cool beim Mountainbiken zugezogen, sondern beim Über-die-Straße-Rennen. Ich bin auf dem Weg zur Uni mit dem Fuß an meiner Umhängetasche hängen geblieben und hab‘ mich überschlagen. Klaviertastenphänomen heißt es deshalb, weil das Schlüsselbein nach oben absteht und wenn man drauf drückt, kommt es zurück.

Deine Leidenschaft für die Comedy hast du zum Beruf gemacht, nachdem dein Vater 2004 gestorben ist. Warum hat dich genau dieses Ereignis dazu veranlasst, eine Solokarriere zu starten?

Ich hab‘ nach dem Scheitern des Sportstudiums mit Geschichte angefangen und der Tod meines Vaters war der Wendepunkt in meinem Leben, an dem ich gesagt hab‘: Komm, mach das, worauf du Bock hast. Es kann so schnell vorbei sein.

Was hat dir dein Vater fürs Leben mitgegeben?

Tatsächlich, auch wenn ich nicht so wirke, eine gewisse Gelassenheit. Das hat meinen Papa ausgemacht. Er hat eine solche Ruhe ausgestrahlt und seit ich selbst Vater bin, merke ich, dass ich mir das von ihm angeeignet habe. Eigentlich bin ich total ungeduldig, aber nicht im Umgang mit meinem Sohn. Man kann dem Kind manchmal nicht helfen, wenn es schreit. Aber es ist wichtig, dass man da ist und die Ruhe ausstrahlt, die das Kind gerade selbst nicht hat. Außerdem hat mir mein Papa die Geselligkeit vererbt. Ich liebe es, Gäste einzuladen und zu bekochen.

Deine Mama, die auch Schauspielerin ist, hat manche Rollen nicht bekommen, weil sie mit deinem Vater, einem Afrikaner, verheiratet war. Wie prägt dich das heute in deiner eigenen Karriere?

Ein Redakteur hat einmal zu einem befreundeten Regisseur gesagt, der mich vorgeschlagen hat: „Schwarze sind Quotengift“. Das fährt dir schon ein, wenn du merkst, dass es tatsächlich nur an deiner Hautfarbe scheitert. Gerade im Fernsehen muss die Wahl eines Schwarzen medial ausgeschlachtet werden oder braucht einen guten Grund. Wir könnten jetzt zum Beispiel nicht einfach nur ein Paar spielen, ohne dass es noch einen Nebenstrang gäbe, der irgendetwas mit meiner Hautfarbe zu tun hat. Es muss immer erklärt werden. Dabei wird doch auch nicht jedes Mal erklärt, warum es ein Rothaariger ist oder eine Blondine. Ich bin da mittlerweile gelassener, weil ich mein Geld mit Comedy verdiene und von solchen Entscheidungen zum Glück nicht mehr abhängig bin.

Wie hat deine Künstlerkarriere denn dann angefangen?

Ich bin auf die Schauspielschule gegangen, die Leiterin fand mich sympathisch, hat mich ohne Aufnahmeprüfung aufgenommen und ohne offizielle Abschlussprüfung wieder entlassen. Der Weg in die Comedy hat sich dann genauso unkompliziert ergeben. Ich hab‘ in einer Bar in München spontan eine Comedy-Mix-Show moderiert. Im Publikum saß ein Producer von Constantin Entertainment, der hat mich gesehen und angesprochen. So war mein erster Auftritt gleich ein Fernsehauftritt.

Ist Humor immer der Königsweg, wenn’s unbequem wird?

Ja, das ist auch das einzige, was ich hab‘. Ich war noch nie ein Schlägertyp, werde ich auch nicht mehr und ich finde Humor und Sprache sind die stärksten Waffen, die wir zum Entwaffnen besitzen. Es braucht auch Leute, die glühende Brandreden halten, um in andere Köpfe hineinzukommen. Aber ich erreiche meine Leute mit Humor, den ich auch in kleineren Konflikten benutze. Sobald es ein größerer wird, verzieh ich mich halt. Ich werde mich nie in einer Schlägerei provozieren lassen. Dann würde ich eher sagen: Ja gut, dann servus!

 

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Bildquelle: privat