Frau schämt sich

Fremdscham – Schmerz und einfühlsame Frauen

Warum Fremdscham schmerzhaft ist 

Krach und Paulus haben mit ihrer Studie etwas Interessantes herausgefunden: Fremdscham ist im Gehirn deutlich messbar. Und interessanter noch, wo. Es ist unter anderem ein Hirnareal aktiv, das man so nicht erwartet hätte: der Schmerzbereich. Schämen bleibt nicht nur ein Gefühl, sondern führt zu körperlichen Schmerzen. Etwas ist so grausam mitanzusehen, dass es wehtut. Vielleicht gucken wir deshalb so gerne Fails, Serien wie „Stromberg“ oder Trash-TV. Es ist der Zwiespalt zwischen Unterhaltung und Schmerz, der den Reiz solcher Formate ausmacht. Wie ein Unfall, bei dem man doch hinschaut, obwohl man es nicht sollte. Wir erleben das Geschehene auf eine Art mit.  

Frauen schämen sich häufiger fremd 

Wenn wir uns für jemanden schämen, muss sich die Person nicht auch schämen. Wenn wir uns am Abend für die teils miserablen Sänger*innen von „Deutschland sucht den Superstar” auf RTL schämen, so schämen sie sich für sich erschreckend wenig. Aber nicht jeder Mensch errötet gleich beim Beobachten unangenehmer Situationen.  

Frauen sollen sich deutlich mehr für andere schämen als Männer. Das soll daran liegen, dass Frauen durchschnittlich mehr Empathie empfinden. Sie fühlen also in unangenehmen Situationen mehr Mitgefühl, können sich besser in die Lage der Betroffenen versetzen und reagieren folglich körperlich stärker. Aber aufgepasst: gar keine Fremdscham ist auch nicht gesund. Denn wer null Fremdscham spürt, der driftet oft in die Schadenfreude ab. Dann doch lieber jemand, der mitfühlend beobachtet, als sich in der Ecke abfällig amüsiert.  

Außerdem hat das Fremdschämen, wie so vieles im Leben, viel mit dem eigenen Selbstwertgefühl zu tun. Wer sich schämt, schämt sich auch für andere. Zu viel Scham lässt Psychologen oft auf ein geringes Selbstwertgefühl schließen. Man ist nicht so selbstbewusst und lässt sich weniger Fehler durchgehen, eben auch solche vermeintlichen „Fehler“ in unangenehmen Situationen mit Publikum.   

Uns schämen für andere tun wir also alle hin und wieder. Der eine mehr und der andere weniger. Es ist ein Zeichen dafür, dass wir uns in eine Person hineinversetzen können und emphatisch sind. Wir leiden und haben Schmerzen, aber vor allem ist Fremdscham ein „sozialer Barometer“ dafür, was wir angemessen finden. Wer sich komplett daneben benimmt, wird mit der Scham anderer bestraft. Wer einen kühlen Kopf bewahren möchte: Liebt euch, lasst euch selber mehr durchgehen und probt durch Trash-Formate jegliche Grenzsituationen.

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Pexels; CCO-Lizenz