Frau schämt sich

Fremdscham – Schmerz und einfühlsame Frauen

„Cringe“ zischen, Hand ins Gesicht und roter Kopf. Fremdscham verursacht Schmerz, im wahrsten Sinne des Wortes. Woher diese Schmerzen kommen und warum sich Frauen ganz besonders fremdschämen? Eine Zusammenfassung.

Bei der Firmenfeier soll ein junger Praktikant die Veranstaltung moderieren. Als er auf die Empore geht, fällt er hin. Die Reporterin denkt, sie habe einen anderen Politiker vor sich, spricht ihn mit falschem Namen an und stellt unpassende Fragen. In einer Gruppe von Erstis redet eine betrunkene Freundin zu viel und zu laut von ihrem Kaninchen. Momente, die schmerzen – im wahrsten Sinne des Wortes. Fremdscham verursacht Schmerz. Wir beobachten eine Situation und obwohl wir nichts mit ihr zu tun haben, werden wir rot und schämen uns. Warum schämen wir uns für andere Menschen und schämen wir uns alle gleich?

Warum schämen wir uns für andere? 

„Cringe“ ist das wohl meistgenutzte Wort im Netz. Bei Memes können wir kaum hinschauen, Trash-TV tut körperlich weh und im realen Leben ist es noch schlimmer. Fremdscham ist per Definition das Gefühl, sich für einen anderen schämen zu müssen, in Bezug auf das Verhalten einer empfundenen Peinlichkeit, die ein anderer begeht. Seit 2009 ist das Wort „Fremdscham“ Teil des Dudens und erweist seinem Namen alle Ehre. Aber warum schämen wir uns für andere? Es könnte uns doch egal sein, denn wir selber sind ja nur Beobachter*innen der Situation. Psychotherapeut Dr. Dr. Med. Herbert Mück erklärt, dass Fremdscham von einer Identifikation mit der handelnden Person kommt. Wir versetzen uns also in die unangenehme Situation des Betroffenen und stellen uns vor, dass es uns selbst widerfährt. Dieses Phänomen lässt sich sogar im Gehirn feststellen: Die sogenannten „Spiegelnervenzellen“ sind nämlich aktiv, wenn wir uns fremdschämen, aber auch wenn wir uns selber schämen.  

Die Psychologen Sören Krach und Frieder Paulus von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Marburg haben durch eine Studie herausgefunden, dass Fremdscham nicht angeboren wird, wie z.B. die Angst, sondern eine soziale Emotion ist. Sie beschreiben Fremdscham als „sozialen Barometer„, also eine Bewertung eines bestimmten Verhaltens. Wenn wir auch schon betrunken über unser Kaninchen gesprochen haben, schämen wir uns auch dafür, wenn es die eine Freundin tut. Wenn wir uns aber selber dauernd moralisch besser verhalten, so würde man auch weniger Fremdscham fühlen.