
Gegensätze ziehen sich an: Was ist dran am Klischee?
Allein die Schöne und das Biest sind ein Paar, mit dem viele von uns aufgewachsen sind – warum also nicht dem alten Sprichwort „Gegensätze ziehen sich an“ Glauben schenken? Aber ob das in der Realität, außerhalb von Disney-Filmen und Rom-Coms, ebenfalls der Fall ist, ist sehr umstritten. Schließlich gesellt sich Gleich und Gleich doch auch gern, oder?
Was Gegensätze überhaupt attraktiv macht
Tatsächlich suchen wir in einem*einer gegensätzlichen Partner*in häufig nach Eigenschaften, die uns selbst fehlen, aber die wir uns eigentlich wünschen. Das bedeutet, zum Beispiel, dass eine eher introvertierte Person, die gerne mehr aus dem Haus und unter Menschen sein würde, nach einer Person sucht, die ihr dabei hilft. Gleiches gilt auch in umgekehrter Richtung. Es geht also weniger um einen kompletten Gegensatz, sondern vielmehr darum, sich gegenseitig zu ergänzen. Zudem verhindern diese Unterschiede, dass man sich gegenseitig vor den Kopf stößt. Wenn beide Partner*innen in einer Beziehung gerne die Oberhand haben, fällt es ihnen schwer, sich zu einigen. Bei einer Beziehung mit mehr Gegensätzen gibt es vielleicht jemanden, der lieber plant und Entscheidungen trifft, während die andere Person sich einfach lieber leiten lässt.
Wichtig ist jedoch zu differenzieren, ob es sich um eine*n von Grund auf gegensätzliche*n Partner*in handelt oder ob man sich lediglich in ein paar Eigenschaften unterscheidet. Selbst wenn man einen eigenen Musikgeschmack hat oder offener ist als der Freund oder die Freundin, gibt es in der Regel immer noch viele grundlegende Gemeinsamkeiten in Bezug auf Eigenschaften und Werte. Wenn man tatsächlich überhaupt keine Gemeinsamkeiten hätte, würde die Beziehung sicherlich schnell auf die Probe gestellt werden. Wo sollte man die andere Person überhaupt kennenlernen und was könnte man dann zusammen unternehmen? Die Psychologin Jill Weber erklärt daher, dass, so schön und erfrischend es auch sein kann, Zeit mit jemandem zu verbringen, der viele Dinge anders sieht und macht, mit zunehmenden Gegensätzen die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Beziehung geringer wird.
Kann das auf Dauer funktionieren?
Mit Sicherheit gibt es Beziehungen, die trotz vieler Unterschiede lange halten. Letztendlich sehnt man sich jedoch in den meisten Fällen früher oder später nach jemandem, der zumindest in einigen Bereichen des Lebens auf der gleichen Wellenlänge ist. Wenn der Partner oder die Partnerin völlig unterschiedlich ist, fällt es schwer, gemeinsame Aktivitäten oder Freund*innen zu finden. Eine Beziehung mit vielen Unterschieden wirkt daher weniger stabil als eine Beziehung, die auf gemeinsamen Interessen und Werten basiert. Es ist schwieriger, sich zu einigen und gemeinsam Dinge zu unternehmen, die beiden Seiten Spaß machen. Darüber hinaus können Konflikte entstehen, wenn man aufgrund mangelnder Gemeinsamkeiten versucht, den*die Partner*in von den eigenen Vorstellungen zu überzeugen. Dies belastet nicht nur die Beziehung selbst, sondern auch das jeweilige Selbstwertgefühl.
Letztendlich hat eine Beziehung zwischen zwei Menschen, die sich grundlegend unterscheiden, wahrscheinlich keine allzu großen Zukunftschancen. Auch wenn es anfangs aufregend erscheint, wird auf Dauer die Stabilität und damit die Sicherheit der Beziehung darunter leiden. Ein Paar, das sich jedoch zu sehr ähnelt, muss umgekehrt nicht zwangsläufig glücklich werden. Keiner von beiden kann wirklich über sich hinauswachsen, und in vielen Fällen stoßen sie sich gegenseitig vor den Kopf. Wie so oft gilt also: Die Mischung macht’s. Einige Unterschiede sind von Vorteil, um schnellere Entscheidungen zu treffen, mehr über sich selbst herauszufinden und neue Erfahrungen zu sammeln. Bei den grundlegenden Vorstellungen sollten jedoch zumindest einige Schnittmengen vorhanden sein.
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