Frau mit Geld

Geld macht sehr wohl glücklich – aber wie viel davon braucht es wirklich?

Geld allein macht nicht glücklich, das stimmt. Dennoch macht man es sich viel zu leicht, wenn man sagt, dass es keinen Einfluss auf das Glück hat. Die Frage ist doch eigentlich: Ab welchem Punkt ist es fürs Wohlbefinden egal, wie viel Geld man verdient? Gibt es überhaupt so eine Obergrenze?

Eine Zeit lang sah es ganz so aus, als gäbe es tatsächlich einen solchen Punkt. Eine Studie des Psychologen Andrew Jebb von der Purdue University 2018 kam zu den folgenden Ergebnissen:

  • Das optimale jährliche Haushaltseinkommen liegt pro Person zwischen 60.000 und 75.000 US-Dollar. Das wären zwischen 51.000 und 64.000 Euro gewesen, wenn man es im Wechselkurs des Jahres 2018 umrechnet (Quelle: exchange-rates.org). Bei diesem Wert sei das emotionale, tägliche Wohlbefinden so gut wie garantiert.
  • Das ideale Einkommen für „life evaluation“, also wie Leute ihr aktuelles und zukünftig erwartetes Leben bewerten, läge noch deutlich höher – und zwar bei 95.000 US-Dollar (rund 80.600 Euro)

Der Studie lagen Daten der Gallup World Poll zugrunde, für die mehr als 1,7 Millionen Menschen aus 164 Ländern befragt wurden.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann und Ökonom Angus Deaton schon im Jahr 2010. Demnach sei ab 75.000 US-Dollar der Punkt erreicht, an dem das Wohlbefinden nicht weiter wächst. Als Ursache dafür sahen die Forscher in ihrer Studie den „abnehmenden Grenznutzen“, denn ab dieser Schwelle bleibt wahrscheinlich kaum Zeit für Freunde und Familie – unerlässliche Faktoren für das alltägliche Wohlbefinden.

Moderne Methoden führen zu anderem Ergebnis

Eine mit modernen Umfragemethoden durchgeführte US-Studie im Fachjournal PNAS widersprach den bisherigen Studien in diesem Feld. Für die im Jahr 2021 erschienene Studie befragte Matthew Killingsworth, Psychologe an der University of Pennsylvania, mehr als 33.000 erwerbstätige Erwachsene in den USA. Dies geschah mittels App und an zufälligen Zeitpunkten des Tages. Die einzige Frage lautete: „Wie fühlen sie sich gerade?“

Dabei kamen 1,7 Millionen Einzeldaten zusammen, die Killingsworth zum Schluss führten:

  • Mit wachsendem Brutto-Haushaltseinkommen steigt die allgemeinen Lebenszufriedenheit und das tägliche emotionale Wohlbefinden – und das weit über eine Summe von 80.000 US-Dollar hinaus.

Einer der Gründe könnte laut dem Psychologen sein, dass reiche Menschen eher das Gefühl haben, die Kontrolle über ihr Leben zu haben. Ab wann dieses Gefühl nicht mehr wächst, dazu macht er keine Angaben.

Die abweichenden Ergebnisse lassen sich laut Killingsworth durch die neue, direktere Umfragemethode erklären: Statt rückblickend zu berichten, antworten die Probanden in Echtzeit. So bleibt den Studienteilnehmenden keine Zeit, lange über die Antwort nachzudenken (und das Ergebnis so womöglich zu verfälschen). Außerdem sollten die Befragten ihre Emotionen auf einer Skala einordnen, anstatt nur die Angabe zu machen, ob sie sich gut fühlen oder nicht – ein Vorgehen, welches auch von anderen Forschenden gutgeheißen wird, da es präzisere Ergebnisse liefert.

Geld allein ist und bleibt nicht alles

Mit Ausnahme von Jebbs Studie aus dem Jahr 2018, die ein globales Bild zu zeichnen versuchte, sind diese Studien größtenteils auf die USA bezogen. Damit bilden sie zu einem gewissen Grad auch die dortige Gesellschaft ab: Diese ist wesentlich wettbewerbsorientierter und materialistischer als andere und bewertet auch den Erfolg einer Person stärker über ihren ökonomischen Status. Für Deutschland und den Rest der Welt lassen sich diese Zahlen also nicht unbedingt so übernehmen.

Tendenziell, das stellte Jebb fest, spielt auch das Umfeld eine Rolle. Menschen in wohlhabenden Ländern erreichten den Punkt, an dem mehr Geld nicht glücklicher macht, erst später. Dies könne laut dem Psychologen daran liegen, dass Bewertungen stärker von den Maßstäben beeinflusst werden, mit denen sich Menschen mit anderen vergleichen. (Quelle: Purdue University)

Noch dazu ist Geld kein Garant für Zufriedenheit, es kann höchstens den Weg dahin vereinfachen. Entscheidend ist, wofür das Geld ausgegeben wird: Die Forschung zeigt, dass das investieren in Erlebnisse langfristig glücklicher macht. Diese nutzen sich weniger ab als materielle Güter und lassen sich auch nicht leicht durch Vergleiche entwerten.

Des Weiteren gilt: „Geben ist seliger denn Nehmen“. Für andere Leute Geld auszugeben macht ebenfalls glücklich, vielleicht sogar glücklicher.

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