Genderdysphorie: Wenn sich das eigene Geschlecht fremd anfühlt

Oftmals sind es nicht-binäre und trans Personen, die eine Geschlechtsinkongruenz erfahren. Laut DSM-5 trifft die Bezeichnung Genderdysphorie schätzungsweise auf 0,005 bis 0,014 Prozent der geburtsgeschlechtlichen Männer und auf bis zu 0,003 Prozent der geburtsgeschlechtlichen Frauen zu. Offenbar identifizieren sich deutlich mehr Menschen als trans, erfüllen jedoch nicht die Kriterien einer Genderdysphorie.

Sowohl transidente als auch genderdysphorische Menschen lehnen das angeborene Geschlecht zumindest zu einem gewissen Grad ab. Dennoch sollten die Begriffe „Transsexualität“ und „Genderdysphorie“ nicht miteinander gleichgesetzt werden.

Rechtfertigung vor anderen und sich selbst

Laut Expert*innen verkörpert die Genderdysphorie lediglich einen psychischen Zustand und keinesfalls eine Störung oder Krankheit. Allerdings gehen mit ihr nicht selten mentale Erkrankungen einher. Denn einerseits haben die Betroffenen oft mit eigenen Selbstzweifeln in Bezug auf ihr Körperbild sowie ihre Geschlechtsidentität zu kämpfen.

Andererseits ist es der Druck von außen, der auf ihnen lastet. Dazu gehört die Zuschreibung des „falschen“ Geschlechts im sozialen und alltäglichen Umfeld und das Unverständnis anderer, auf das Betroffene stoßen, wenn sie den Mut aufbringen, ihren inneren Konflikt offen mitzuteilen. Leider bleibt es nicht „nur“ bei der Verständnislosigkeit. Genderdysphorische Menschen sind ebenfalls oft Anfeindungen und Gewalterfahrungen ausgesetzt.

Die Heteronormativität mitsamt ihrer zweigeschlechtlichen Sozialisierung ist eben noch immer tief in der Gesellschaft verankert. Die Standards und Rollenbilder stellen vor allem eine Belastung für Mitglieder der LGBTQIA+-Community, darunter die Betroffenen der Genderdysphorie, dar.

„Niemand muss sich dafür erklären, Cis-Gender zu sein. (…) Erst wenn das anders ist. Nur das andere ist erklärungsbedürftig.“

Timo Nieder

Timo Nieder ist die Leitung der Spezialambulanz für sexuelle Gesundheit und Transgender-Versorgung an der Uniklinik Hamburg-Eppendorf. Sein Zitat entstammt einem Audio-Beitrag von Deutschlandfunk Nova.