Gesunder Egoismus: Selfcare oder Narzissmus?
Jemanden als egoistisch zu bezeichnen ist meistens als Beleidigung gemeint. Im Duden wird Egoismus auch als „Eigenliebe“ oder „Selbstsucht“ definiert. Aber muss das immer etwas Negatives sein? Schließlich ist es doch so: „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“ – oder?
Disclaimer: Der Beitrag basiert auf der Wahrnehmung unserer Autorin und enthält dementsprechend subjektive Standpunkte.
„Du bist so egoistisch, du denkst immer nur an dich“ – Egoismus ist meist ein negativ konnotierter Ausdruck. Aber wieso eigentlich? Es sollte doch nichts dagegen sprechen, auch einmal etwas für sich selbst und seine Bedürfnisse zu tun. Darum geht es beim gesunden Egoismus. Wie findet man das Mittelmaß zwischen:
- a) nur an sich selbst denken, ganz egal was das für andere bedeutet, und
- b) überhaupt keine Zeit in sich selbst zu investieren?
Ungesunder vs. gesunder Egoismus
Die Real Academia Española definiert Egoismus als “maßlose und übermäßige Liebe zu sich selbst, die dazu führt, dass man seinen eigenen Interessen übermäßig viel Aufmerksamkeit schenkt, ohne sich um die Interessen anderer zu kümmern.” An sich ist daran nichts verkehrt. Als Kind ist man meist automatisch egoistisch. Babys wissen genau, was sie wollen und verlangen das im Notfall auch schreiend. „Primärer Egoismus“ wird dieses Phänomen in der Forschung genannt. Die eigenen Bedürfnisse stehen also klar über denen der anderen. Im Laufe des Lebens bleibt das normalerweise aber nicht so. Uns wird beigebracht, dass Aufopferung für andere etwas Großzügiges sei. So stellt man oft die Bedürfnisse anderer vor die eigenen und vernachlässigt damit das eigene Wohlbefinden. Deswegen ist gesunder Egoismus so wichtig.
Anders als beim herkömmlichen, negativen Egoismus, der den eigenen Vorteil auf Kosten anderer fördert, ist gesunder Egoismus der Versuch, ein Gleichgewicht zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen der anderen zu finden. Man achtet auf das eigene Wohlbefinden, ohne dabei rücksichtlos zu sein. Gesunder Egoismus erkennt, dass es wichtig ist, sich um sich selbst zu kümmern und dass das auch geht ohne anderen im Weg zu stehen. So kann man auch Freund*innen besser helfen. Denn wer nicht in der Lage ist, sich um sich selbst zu kümmern, kann sich nur schlecht um andere kümmern. Niemandem ist geholfen, wenn es bis zum Burnout kommt, weil man sich selbst so vernachlässigt hat. Es geht also besonders um Selbstachtung und Wertschätzung der eigenen Bedürfnisse. Erst dann kann man sich intensiv mit denen Problemen der anderen beschäftigen. So ist es quasi eine Win-Win-Situation.