Keine Golden Globes 2022? – Rassismus, Bestechung und Sexismus
Sie zählen zu den angesehensten Filmpreisen der Welt und werden selbst von den größten Hollywood-Stars stolz in das Blitzlicht der Kameras gehalten – die Golden Globes. Für den US-amerikanischen Sender NBC, der sie seit 1996 jährlich überträgt, sind sie immer wieder ein Highlight im Programm. Umso gravierender ist nun der Schritt der National Broadcasting Company, die Golden Globes 2022 nicht zu übertragen. Der Vorwurf ist fehlende Diversität. Auch Tom Cruise zieht symbolisch seine Konsequenzen.
Die Kritik richtet sich dabei vor allem gegen den Golden Globe Verband HFPA (Hollywood Foreign Press Association), eine amerikanische Non-Profit-Organisation von Filmjournalisten. Die Mitglieder, so das Bild nach außen, sind renommierte Journalist*innen unterschiedlicher Nationalität. Sie wählen unter anderem die Gewinner*innen der Golden Globes aus. Bereits Ende Februar, nur wenige Tage vor der Vergabe der diesjährigen Golden Globe Awards, hatte ein Artikel der Los Angeles Times für Aufruhr gesorgt und das Fundament für den nun radikalen Schritt des Senders NBC gelegt. In dem Artikel werden mehrere schwere Vorwürfe gegen die HFPA erhoben.
Ein Vorwurf stammt von einer norwegischen Journalistin. Sie hatte Klage eingereicht, dass ein Mitglied der HFPA bereits über 90 Jahre alt, taub und gesetzlich blind sei. Die HFPA verweist indes allgemein darauf, dass sie stolz auf ihre älteren Mitglieder sei, die „so viel zur Organisation und zum Unterhaltungsjournalismus beigetragen“ hätten.
Keine Bedrohung erwünscht
In einem weiteren Vorwurf beschreiben Menschen, die mit der Organisation zu tun hatten, gegenüber der Los Angeles Times, dass die Mitglieder der HFPA bei Filmvorführungen einschlafen würden, sich bei Pressekonferenzen beschimpfen und immer wieder in persönliche Fehden verwickelt seien. Als ebenfalls verdächtig wird die gleichbleibende Mitgliederzahl der HFPA eingestuft. Im Laufe der Geschichte der Organisation behielt sie stets ihre kleine Größe bei. So nahm sie zwar im Oktober drei neue Mitglieder auf, musste aber auch zwei Todesfälle beklagen.
Der ehemalige HFPA-Präsident Philip Berk räumt ein: „Unser territorialer Perfektionismus wurde in der Tat auf die Spitze getrieben.“ Bekräftigt wird diese Behauptung von weiteren abgelehnten Bewerbern und aktiven Mitgliedern. „Viele Mitglieder sind keine seriösen Journalisten“, so ein Mitglied. „Wir nehmen Leute auf, die keine echten Journalisten sind, weil sie für niemanden eine Bedrohung darstellen.“ Die langjährige österreichische Unterhaltungsjournalistin Evie Sullivan, die zweimal von der HFPA abgelehnt worden war, sei sogar Drohungen und Rufmord von einem der Mitglieder der HFPA ausgesetzt gewesen. Sullivan verließ daraufhin den Journalismus und arbeitet heute als Hypnotherapeutin.
„Heute würde ich mir eher die Zehennägel ziehen lassen, als der Organisation beizutreten“
Evie Sullivan