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Hassobjekt: Mandelentzündung

Sie beginnt mit einem leichten Kratzen im Hals und kann sich ausweiten zu Halsschmerzen, die uns nicht mehr Schlucken und Sprechen lassen, Fieber und komplette Schlappheit inklusive. Halsschmerzen, für die wir ein komplett neues Wort erfinden müssten, weil sie mit dem gemeinen Schmerz nichts mehr gemein haben.

So eine Mandelentzündung überfällt uns gerne und heimtückischerweise (fies lächelnd, wahrscheinlich fröhlich pfeifend) immer genau dann, wenn wir sie überhaupt nicht gebrauchen können. Nämlich zu Zeiten, in denen wir komplett gestresst sind. Und deshalb das fiese Ziehen im Hals erstmal einfach weg ignorieren. Bis es sich eben nicht mehr ignorieren lässt.

 

Hausarzt vs. Heilpraktiker: Wer besiegt mir dieses Monster?

 

Haben wir uns dann zum Hausarzt geschleppt, lernen wir die erste Lektion: Zur Diagnose einer echten Streptokokken-Angina müssen wir einen eher unangenehmen Abstrich machen – als Schnelltest oder Labortest. Nach dem ungefähr zehnten Abstrich lernen wir die nächste Lektion: Das Ergebnis ist nicht immer aussagekräftig, da ein bestimmter Prozentsatz von Menschen immer einen positiven Befund hat. Lektion Nummer drei: Die anderen Menschen, die im Wartezimmer so seltsam kucken und kehlig sprechen und mit schmerzverzerrtem Gesicht an einer Wasserflasche nippen …. die haben sie auch, die Mandelentzündung!

Es gibt nämlich Streptokokken-Zeiten. Die eine ist zu Winteranfang und die andere liegt schön in den ersten Sommerwochen. Hinter Sommergrippe und seltsamen Erkältungen, in einer Zeit, in der wir eigentlich gerne halstuchlos am See liegen, dahinter steckt oft – richtig – eine Mandelentzündung! Lektion Nummer vier: Auch hinter Kopf- und Bauchschmerzen mit süßlichem Mundgeruch kann eine Streptokokken-Infektion stecken – ganz ohne Halsschmerzen.

Und dann gibt es da die zwei Lager, die sich um den adäquaten Umgang mit der Mandelentzündung streiten: Die Antibiotikumschlucker und Wieder-in-die-Arbeit-Renner versus die Sich-im-Bett-Verkriecher und mit-der-Heilpraktikerin-Telefonierer. Die einen schwören darauf, dass in so einem Fall ein Antibiotikum ein Muss ist, weil die Mandelentzündungsbakterien aufs Herz gehen können. Und geben sich dann der Illusion hin, dass eine drei Wochen später auftretende erneute Mandelentzündung die allerletzte des Lebens sein wird. Und es ihrem Herz gut geht, wenn sie wieder Antibiotikum schlucken und in die Arbeit rennen. Die anderen hoffen, dass Ruhe und das richtige homöopathische Mittel ihr Problem genau an der Wurzel packen wird – und geben sich der Illusion hin, dass eine drei Wochen später erneut auftretende Mandelentzündung (zugegebenermaßen dann oft in abgemildeter Form) ein Zeichen dafür ist, dass sie noch nicht tief genug in sich gegangen sind…

 

Was schlimmer ist als eine Mandelentzündung?

 

Das sind drei Mandelentzündungen hintereinander! Denn da geben wir den Glauben an die Ärzte und Heilpraktiker und an uns und die Welt an sich einfach auf. Hilflos und beinahe klaglos. Schlimmer als drei Mandelentzündungen hintereinander sind drei Mandelentzündungen hintereinander in der Schwangerschaft  – denn da dürfen wir kein Antibiotikum nehmen und sind oft eh total geschwächt. Schlimmer als drei Mandelentzündungen hintereinander in der Schwangerschaft sind mehrere Mandelentzündungen in einer Familie zeitgleich oder auch leicht zeitversetzt. Wenn Mama flachliegt, sind Kinder mit schlechter Laune und leicht fiebrigen Augen ein untrügerisches Anzeichen für: Kinderarztbesuch, Abstrich, …. und baldige „angenehme“ Gesellschaft im Familienkrankenbett.

 

Draus gelernt? Drauf geschissen!

 

Ich hab da so eine Freundin, die mir weismachen will, dass wir aus jeder Mandelentzündung etwas lernen können. Sie zum Beispiel wacht oft mit „dickem Hals“ auf, wenn sie sich zu sehr über ihren Freund geärgert hat. Und weiß dann, dass sie mit ihm sprechen muss, um ein ernstes Problem zu klären – oder wieder darauf achten sollte, sich selbst nicht immer sofort so mega aufzuregen. Für andere hat sie individuelle hobbypsychologische Diagnosen parat: Du willst die Situation auf deiner Arbeit „nicht mehr schlucken“, vor Stress schlägt dir das Herz „bis zum Hals“, eine Sache geht dir „an den Kragen“ – und so weiter. Und ja, liebe Mandelentzündung: Das mag ja sein. Aber: Kann ich diese Lektionen nicht verdammt nochmal auf eine andere Art und Weise lernen!?