Hochzeit Trauung

Hochzeit: Einmal mit allem und ohne Gott, bitte

Denn wie der Name schon sagt: Ob auf der Alm, im Hinterhof, auf dem Fußballplatz oder in der Stammkneipe – alles ist erlaubt. Jeder kann sich seine individuelle, persönliche Feier gestalten. Niemand muss sich an Regeln halten. Beispielsweise der Satz „Bis dass der Tod euch scheidet“ wird laut Jülicher von fast allen Brautpaaren abgelehnt. „Diese Formulierung hat etwas Gruseliges“, meint der Theologe. Trotz der schier unendlichen Optionen wählen viele Leute auch bei einer freien Hochzeit eine sehr kirchliche Variante. Einige entscheiden sich beim Ort sogar für ein Kirchengebäude. Statt Fürbitten gibt es Wünsche an das Paar, aus der Bibel kann auf Wunsch auch vorgelesen werden. Auf die Frage, wie eine solche freie Trauung funktioniert, meint Theologe Gunter Mehler: „Im Grunde wie eine kirchliche Trauung – nur ohne religiösen Überbau.“

 

Geben wir eine wichtige Tradition auf?

 

Sicherlich kommen bei dem ein oder anderen auch Zweifel auf. Entfremden wir mit einer freien Hochzeit nicht einfach die kirchlichen Werte? Schließlich bedienen uns an Rahmen und Aufbau, aber achten nicht auf den Grundbaustein, auf Tradition. Ist unsere Generation nicht mehr anpassungsfähig genug für die Kirche oder wehren wir uns einfach gegen strikte Regeln? Jülicher gibt ehrlich zu, dass es oft Protest von konservativen Familienmitgliedern gibt. „Manchmal fallen Begriffe wie „Scharlatanerie“ oder „Hokuspokus“, meint der Theologe in der SZ. Auch von Pfarrerin Berit Scheler aus München ernten freie Trauungen Kritik: „Schwierig finde ich es als Gemeindepfarrerin, wenn freie Theologen Hochzeitsfeiern anbieten in Konkurrenz zur Kirche mit beinahe identischem Programm. Wer an Gott glaubt, kann wichtige Lebensübergänge wie eine Hochzeit doch in der Kirche feiern und sich damit auch bewusst in eine Tradition und Gemeinschaft stellen“, sagt sie im Interview mit ZEITjUNG. Außerdem stellt sie sich die Frage, warum freie Trauungen sich trotz allem so sehr an der Kirche orientieren. „Konsequenter wäre es doch, wenn ich mit Kirche, Religion, Gott nicht zu tun haben möchte, eine eigene Form der Hochzeitsfeier zu erfinden.“

 

Ein beachtlicher finanzieller Unterschied

 

Die freien Hochzeiten öffnen allerdings auch einen neuen Markt. Denn kirchliche Trauungen kosten in den meisten Gemeinden nichts oder nur sehr wenig. Freie Hochzeiten können dagegen schon mal recht teuer werden. Schließlich werden diese von privaten Anbietern veranstaltet, für einen professionellen Redner allein kann man schon mal zwischen 600 und 800 Euro hinblättern. Durchaus stolze Preise, wenn die Kirche eine Trauung umsonst anbietet. Und es scheint kein oberes Limit zu geben. Pfarrer Stephan Seidelmann rät zur Vorsicht: „Allerdings ist es ein Markt, für den es keinerlei Qualitätskontrolle gibt. Gerade preiswerte Angebote würde ich genau prüfen“.

Wie man heiraten möchte, das muss wohl jeder selbst entscheiden, jedoch stellen freie Hochzeiten mit Sicherheit eine verlockende Option für Nicht-Gläubige dar. Trotzdem sollte man Angebote prüfen und nichts überstürzen. Vielleicht hilft auch Offenheit für alle Optionen. Stephan Seidelmann meint: „Allerdings erlebe ich auch, dass die Hochzeit viele Paare die Kirche neu entdecken lässt, wenn sie sich auf eine kirchliche Trauung einlassen.“

 

 

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Bildquelle: Andrew Itaga