Joanna Stein Sex Kolumne

Frag Joanna! „Ich habe keine Lust auf Sex, ist das normal?“

Wenn die Hormone verrückt spielen

 

Wenn die Unlust eine körperliche Ursache hat, dann sind meistens Hormone daran schuld. Und zwar in erster Linie das männliche Sexualhormon Testosteron, dem ja nicht ganz zu Unrecht etwas Triebhaftes nachgesagt wird. Wenn eine Frau davon zu wenig im Blut hat, dann sinkt auch das Lustbedürfnis. Ganz natürlich passiert das zum Beispiel während den Wechseljahren. In jüngeren Jahren machen wir uns dieses Problem allerdings viel häufiger selbst, indem wir uns – meist unreflektiert, weil nicht ausreichend informiert – die Pille einschmeißen. Eine der Nebenwirkungen der Pille ist die Bildung eines Stoffes in der Leber, der Testosteron bindet. Und das fehlt dann beim Ankurbeln der Lustmaschinerie. Darüber machen wir uns im Vorfeld oft keine Gedanken und können diese Nebenwirkung deswegen auch nicht als solche erkennen. Solltest du also mit der Pille oder anderweitig hormonell verhüten, dann wäre es zumindest einen Versuch wert, das mal wegzulassen. Außerdem kann dein Gynäkologe/deine Gynäkologin auch mal einen Blutspiegel deiner Sexualhormone machen, da sieht man dann Schwarz auf Weiß, was Sache ist.

Ganz unschuldig sind die Hormone bei den psychischen Gründen allerdings auch nicht. Menschen, die unter Stress, Ängsten oder Depression leiden, haben mitunter einen Mangel an antriebssteigernden Botenstoffen wie Dopamin oder Serotonin. Dieser Mangel zerschießt die Libido ganz ordentlich. Hier musst du also genau hinsehen, ob es da Belastungen in deinem Leben und sozialen Umfeld gab oder noch gibt, die vielleicht auch geändert werden könnten. Wenn nötig, auch mit therapeutischer Hilfe.

 

Übung macht den Meister

 

Zu guter Letzt gibt es da noch ein paar andere Punkte: Ging es dir schon immer so, oder fing das alles erst mit deiner aktuellen Beziehung an? Ist es möglich, dass du bislang vielleicht noch nicht viele gute sexuelle Erfahrungen gemacht hast und der Spaß daran bislang immer schön an dir vorbeispaziert ist? Auch das hast du in der Hand. Das klingt jetzt furchtbar abgedroschen, aber auch auf diesem Gebiet gilt: Übung macht den Meister… Sex wird also besser mit mehr Erfahrung. Damit will ich dir jetzt nicht ans Herz legen, die nächsten Jahre von einem Bett ins nächste zu springen – es sei denn, du möchtest genau das – aber mach dich da ruhig ein bisschen lockerer und gib dir noch ein bisschen Zeit, bevor du völlig entmutigt dem Sex abschwörst.

Manchmal kann man all das auch nicht so gut auseinander dröseln und es ist ein bisschen was von allem. Trotzdem, nicht den Kopf hängen lassen, mit gutem Sex steht immer hin eine ordentliche Belohnung an…

Und by the way, was bedeutet das schon – Abenteuer, sich Austoben! Die meisten Menschen erzählen nicht gerne von peinlichen, unangenehmen oder schmerzhaften Erfahrungen, obwohl sie die genauso erleben. Oder sie tun das erst mit ein bisschen mehr Weitsicht und Leben im Körper und merken dann, dass sie erstens nicht alleine damit sind und erleben zweitens, dass es helfen kann, sowas auch zu teilen. Lehrreiches Älterwerden kann ich dir da also nur wünschen, und dasselbe auch deinen Freundinnen!