Joanna Stein Sex Kolumne

Frag Joanna! „Ich bin mit einer Frau im Bett gelandet – bin ich jetzt lesbisch?“

Bisexualität ist noch immer unsichtbar

 

Bisexualität kann dabei vieles sein: Eine einmalige Erfahrung, erotische Fantasien, die sich entgegen der eigentlichen sexuellen Orientierung bewegen, Phasen, in denen sich eher gleich- oder gegengeschlechtliche Kontakte ergeben, man sich meist in ein Geschlecht verliebt, sich aber sexuell auch zum anderen hingezogen fühlt.

Und trotzdem bleiben Bisexuelle oft unsichtbar. Sind sie in einer gegengeschlechtlichen Beziehung, werden sie als heterosexuell angesehen, befinden sie sich in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, dann denken alle, sie seien homosexuell. Der eigentliche Fehler in unserer Wahrnehmung mag dabei vielleicht darin liegen, dass wir nach wie vor nicht in der Lage sind, einfach nur zwei verliebte Menschen zu sehen. Nein, immer schön Schublade auf, Mensch rein, Schublade zu. Blöderweise machen diese Kategorien das Leben meistens leichter, sie geben Orientierung und sagen uns, wie wir uns eventuell verhalten sollten. Das aus den Köpfen zu kriegen ist ziemlich schwierig. Kein Grund allerdings, es nicht trotzdem zu probieren! Vielleicht hilft es, dass sich nun zunehmend auch ein paar Promis als bisexuell outen. Das sorgt vielleicht erstmal für Irritation, die wiederum ist aber durchaus in der Lage, langfristig Barrieren abzubauen.

 

Verkappt schwul oder lesbisch?

 

Ein weiterer Punkt der Menschen, die sich als bisexuell definieren, das Leben unnötig schwer macht, sind die zahlreichen Vorurteile, die sich hartnäckig halten. Bisexuelle seien promiskuitiv und wollten aufgrund der doppelten Wahlmöglichkeiten generell ihre Sexualität mehr ausleben, so das Kopfkino. Oder doch nur verkappt schwul oder lesbisch und bislang nicht geoutet? Vielleicht ist es auch die möglicheweise größere Konkurrenz, die Menschen mit bisxuellem Partner einschüchtert, oder unnötiger Weise doppelt eifersüchtig macht. Eigentlich doch völlig egal. Diese und weitere Formen der gesellschaftlichen Stigmatisierung sollten wir längst hinter uns gelassen haben…

Bist du jetzt lesbisch, fragst du. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vielleicht magst du einfach beide Geschlechter. Herausfinden musst du das selbst. Das gelingt dir am besten, indem du jetzt offen deinen Gefühlen und sexuellen Instinkten folgst. Wo auch immer die dich hinführen. Irgendwann kommst du an. Egal ob hetero, homo oder bi, vielleicht brauchst du gar kein Ettikett. Vielleicht liebst du einfach Menschen.